Hallo Schachfreunde,
während Caruana die Weltspitze derzeit kräftig aufwirbelt, versuchte ich mich an meinem 1. IM- Normenturnier in Eupen. Es handelt sich dabei um ein Rundenturnier mit 10 Teilnehmern unter der Leitung des International Arbiter (IA) Sylvin de Vet. Das Turnier an sich war eine tolle Erfahrung und es hat Spaß gemacht, durchgängig gegen Gegner zu spielen, die mindestens so stark sind wie ich selbst. Mit der Norm hat es zwar nicht ganz geklappt, und auch das Endergebnis von -2 sieht ziemlich schlecht aus, doch spiegelt das den Turnierverlauf, sowie die guten Stellungen, die ich hatte, nicht wirklich wider. Die Rahmenbedingungen waren leider nicht ideal. Die Unterkunft bestand in einem der ältesten Häuser Eupens, mit sehr steilen und schmalen Treppen und keinem TV-Gerät auf dem Zimmer. Bei nur einer Partie am Tag und demnach ca. 17 Std., in denen man auf dem Zimmer verweilt, ist das sehr unvorteilhaft. Auch der Weg zur Turnierhalle (1km. steil bergauf) war beschwerlich und so schleppte ich mich oft mit letzter Kraft 25min. vor Spielbeginn in die Turnierhalle. Bei Rundenbeginn war ich dann jedoch wieder voll auf der Höhe, sodass der Gewaltmarsch keinen Einfluss auf das Spielgeschehen nahm. Die Räumlichkeiten des SK Rochade Eupen-Kelmis sind sehr schön. An den Wänden hängen zahllose Trophäen, Urkunden und Schenkungen von Partnervereinen. Der Spielsaal war geräumig, die Atmosphäre gut und alles in allem wirkte das Turnier sehr familiär. Dennoch wurde sich an den Brettern nichts geschenkt und es wurde hart gekämpft. Am Ende gelang 3 Teilnehmern eine IM-Norm: M. Coenen (2294), FM A. Kalka (2373) und FM P. Hopman (2387). Gratulation dazu! Ich hatte das drittniedrigste Startrating und mein Primärziel war es, 50% oder mehr der Punkte zu holen. Am Ende waren es nur 3,5 jedoch hätten es auch locker 5,5 sein können. Einen unnötigen Verlust gab es bereits in Runde 1 zu beklagen. Nachdem mein Gegner mich bereits mit 3.Lc4 aus der Vorbereitung warf, setzte er im Folgenden mit 6.Lg5 7.Lxf6 fort, was auf mich einen ungesunden Eindruck macht. Nur Schwarz kann auf Vorteil spielen. Trotzdem investierte ich eine Menge Bedenkzeit, die mir später bei taktischen Verwicklungen fehlte.
Coenen,M. (2294) - Winterberg:
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.0–0 Sf6 5.d3 a6 6.Lg5 h6 7.Lxf6 Dxf6 8.Sc3 d6 9.Sd5 Dd8 10.c3 La7 11.b4 0–0 12.a4 Se7 13.Se3 c6 14.Lb3 Sg6 15.d4 Df6 16.Te1 Sf4 17.g3 exd4 18.cxd4 Sh3+ 19.Kg2 Te8 20.e5 dxe5 21.dxe5 De7 22.Dc2 Dxb4 23.e6 Txe6 24.Lxe6 Lxe6 25.Tab1 De7 26.Db2 Tb8 27.Sd4 Sg5 28.Sdf5 Df8 29.De5 g6 30.h4 Sh7 31.Sd4 Te8 32.Sxe6 Txe6 33.Dc3 b5 34.Sg4 Td6 35.De5 Td2 36.Df4 Dd6 37.Te8+ Sf8 38.Sxh6+ Kg7 39.Dxf7+ Kxh6 40.Dxa7 Df6 41.De3+ 1–0
In Runde 2 hatte ich wieder Schwarz. Dieses Mal lief es allerdings besser:
IM Vandevoort (2390) - Winterberg
1.Sf3 Sf6 2.g3 Obwohl erst 2 Züge gespielt sind, war meine intensive Vorbereitung schon hier für die Katz... 2...e6 3.Lg2 d5 4.00 Le7 5.d4 b6 6.c4 c6 inspiriert von GM Kovalyov, dem ich in dieser Variante mit Weiß in etlichen Partien nicht ein einziges Remis abtrotzen konnte. Dies war das 5. Mal, dass ich dieses System anwandte. Gegen starke Gegnerschaft (2 FMs, 2GMs) standen bis zu dieser Partie 3 Remise und 1 Verlust. 7.Sc3 0-0 8.Se5 Lb7 9.e4 dxc4 ich folge meiner eigenen Partie, die ich im Oktober 2013 gegen FM Schild spielte. Nach der Eröffnung stand ich sehr passabel, dass ich dann allerdings fehlgriff und für den Rest der Partie leiden musste, bevor wir am Ende versöhnlich den Remishafen anschipperten, ist auf mein schlechtes Spiel zurückzuführen. 10.a4 Sbd7 11.Sxc4 La6 12.b3 Lxc4 13.bxc4 e5! ansonsten wäre das schwarze Konzept völig verfehlt. 14.d5 cxd5 15.exd5!?N mein Gegner spielte es ad hoc und ehrlich gesagt, zog ich exd5 nie ernsthaft in Betracht. c4 ist für den Rest der Partie schwach. Leider ist die Sache nicht so klar. Der weiße Ansatz mit exd5 ist sehr konkret und fußt auf der Idee d6 nebst Sb5 zu spielen.
Schwarz hat hier eigentlich nur 3 Kandidatenzüge: a) 15...Ld6 b) 15...Lc5 und c)15...Lb4
Schnell verwerfen lässt sich das passive Ld6, da Weiß nach 16.Sb5 quasi schon eine Gewinnstellung hat. Was der Läufer auf b4 zu suchen hat, war mir indes nicht klar. So entschied ich mich für den Partiezug 15...Lc5. Es folgte: 16.d6 und nun muss Schwarz bereit sein, die Qualität zu geben. 16...Ld4! 17.Ta3? wieder sehr schnell gespielt. Viel besser wäre es gewesen, sich auf a8 zu bedienen. Nach 17.Lxa8 Dxa8 18.Lb2 Dc6 19.De2 a6 schätzte ich die Lage als unklar ein. Für die Qualität wird Schwarz den Bauern d6 gewinnen, während c4 weiterhin schwach ist. Meister Houdini sieht Weiß aber klar am Ruder. Wenn das das beste ist, was Schwarz nach 15.exd5!?N aus der Stellung rausholen kann, steht die ganze Idee mit La6 nebst Lxc4 unter keinem guten Stern. Der Partiezug 17. Ta3? vergibt den Vorteil 17...Tc8 18.Sb5 Txc4 und nun fing mein Gegner endlich an zu denken, reichlich spät, wenn man bedenkt, dass Weiß bereits um Ausgleich kämpft. 19.De2 Dc8 20.Sxa7? besser war 20.Sc7, wonach der schwarze Vorteil im Rahmen bleibt. 20...Dc5 21.Lg5?? krönt das schlechte Spiel mit einem plumpen Einsteller. 21...Tc2 22.Dd3 e4 23.Lxe4 Sxe4 24.Dxe4 Lxf2+ 25.Kh1 Dxa3 0-1
Ein gelungenes Schlussbild!
In Runde 3 vergaß ich im 18. Zug die theoretische Empfehlung und hätte vielleicht besser daran getan, Remis durch Zugwiederholung zu forcieren. Ich wollte gewinnen, doch das ging nach hinten los. Eine gute Darbietung von IM Braun, der am Ende mit 6,5/9 ganz oben in der Tabelle zu finden war!
Winterberg - IM Braun (2360)
1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.e5 Sfd7 5.f4 c5 6.Sf3 Sc6 7.Le3 cxd4 8.Sxd4 Db6 9.Dd2 Dxb2 10.Tb1 Da3 11.Lb5 Sxd4 12.Lxd4 a6 13.Lxd7+ Lxd7 14.Tb3 De7 15.Txb7 Dd8 16.Lb6 Dc8 17.Tc7 Dd8 18.Df2 Tc8 19.Txc8 Dxc8 20.Dd4 Dc6 21.f5 La3 22.Sb1 Le7 23.f6 gxf6 24.exf6 Ld6 25.0–0 e5 26.Db2 Db5 27.Dxb5 Lxb5 28.Td1 Lc6 29.Sc3 d4 30.Se2 Kd7 31.c3 La4 32.Td2 Kc6 33.La5 Kb5 34.cxd4 Kxa5 35.dxe5 Lc5+ 36.Kf1 Te8 37.Td5 Kb6 38.Sc3 Lc6 0-1
Runde 4 brachte die dritte Schwarzpartie, auch der Tag war ziemlich schwarz. In 8 Partien kam ich gut aus der Eröffnung raus, in Runde 4 war das Eröffnungsergebnis desaströs und ich verlor mehr als verdient gegen FM Marcziter (2235), der am Ende 4/9 erreichte und ein gutes Turnier spielte. Die Schlusskombination ist sehenswert:
FM Marcziter (2235) - Winterberg
Stellung nach 25...Sf8
Weiß gewann mit 26.Txf6! Kxf6 27.Ld4+! Ke7 28.Te1+ Kd7 29.d6 Db8 30.Te7+ Kxd6 31.Txb7 Dxb7 32.Le5+ 1-0
Der Start mit 1/4 war alles andere als zufriedenstellend und um ein Debakel zu verhindern, mussten dringend Punkte her. In Runde 5 kam selbstverständlich wieder nicht meine Vorbereitung aufs Brett, was lediglich in Runde 8 der Fall war, dennoch lief es sehr gut. Mein Gegner FM Meessen (2278), der Kapitän der belgischen Herrenmannschaft in Tromsö, wollte mich mit einer Eröffnung überraschen, die er noch nie zuvor spielte, und erleidete schnell Schiffsbruch.
Winterberg - FM Meessen (2278)
1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 3.Sc3 Dd8 meine praktischen Erfahrungen mit dieser Antiquität basieren lediglich auf einer Partie, welcher im Übrigen ein eigener Thread gewidmet wurde (Threadtitel: "Entscheidung im 5. Zug?!") 4.Lc4 Sf6 5.Sf3 Sc6 Schwarz will es wissen 6.d4 Lg4 7.d5 Se5?? ein unglaublicher Patzer 8.Sxe5
Lxd1 9.Lb5+ c6 10.dxc6 Lg4 11.Sxg4! am kaltblütigsten bxc6 12.Lxc6+ Sd7 13.Se5 Dc7 14.Lxd7+ Kd8 15.Lf4 Db7 16.0–0–0 Kc7 17.Sb5+ Kb6 18.Sc4+ Kc5 die abschließende Hatz verdient ein weiteres Diagramm
19.Le3+ Kxc4 20.Td4+ Kc5 21.b4+ Kb6 22.Td6# 1–0
FM Rudolf Meessen erwischte ein schreckliches Turnier und musste sich bei einer Bilanz von (+1/=0/-8) mit dem letzten Tabellenplatz begnügen.
Nach diesem Geschenk kam wieder ein dicker Brocken: FM Pieter Hopman, der laut eigener Aussage inoffiziell bereits ein Rating von ca. 2422 hat. Ich war wie in diesem Turnier üblich auf die falsche Variante vorbereitet und musste mit eigenem Kopf denken. Da ich 4/4 brauchte, um eine Norm zu schaffen, war Remis keine Option, weshalb ich lasche, remisträchtige Varianten, die sich in der Eröffunung ergaben, ausschlug, und versuchte in einem komplizierten, zweischneidigen Mittelspiel, als Sieger vom Feld zu gehen. Leider ging der Schuss nach hinten los und nach einem langen, zähen Kampf blieb mir nichts weiter übrig, als die Hand zu reichen.
FM Hopman (2387) - Winterberg
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.g3 Lb4+ 4.Ld2 Le7 verglichen mit der Partie gegen Vandevoort stellt diese Zugfolge eine kleine Feinheit dar, da der weiße Läufer auf d2 schlecht steht...5.Lg2 d5 6.Sf3 b6 7.Sc3 c6 8.Lg5...was Weiß in der Regel durch Lf4 Sh5 Lc1 korrigiert. Anschließend wird der Läufer dann mittels b3 und Lb2 fianchettiert. 8.Lg5 trägt eigenen Charakter, stellt Schwarz aber vor keinerlei Probleme. 0–0 9.0–0 Lb7 10.Se5 Sbd7 11.cxd5 cxd5 12.Sd3 Tc8 13.f3 b5 Schwarz hat gutes Spiel und träumt von einer Initiative am Damenflügel 14.Le3 b4 15.Sa4 Da5?! eine schlechte Wahl. Ich war mir nicht sicher, ob Lc6 oder der Partiezug vorzuziehen war. Die Engine lässt da keine Fragen offen. Besser war 15...Lc6! wonach Schwarz gut steht. Man sehe z.B. 16.Sac5 Lb5 17.Tc1 Sxc5 18.Sxc5 Sd7 von weißer Initiative ist weit und breit nichts zu sehen. 16.b3 Lc6 17.Sab2 Se8!? beseelt von der Idee mittels Sc7-b5 einen Springer auf c3 zu installieren. 18.Dd2 Db6 19.Lf2 a5 20.e4 Sc7 21.e5 Lb5 22.h4 f5?! besser war es vermutlich sofort auf d3 zu schlagen. Nach 22...Lxd3 23.Dxd3 Sb5 24.Sa4 Dc6 mit der Idee Sb6 gelingt die schwarze Infiltration. 23.Tfc1 Lxd3 24.Dxd3! das hatte ich unterschätzt.Weiß droht mit Lf1, was die Bankrotterklärung meines Planes bedeuten würde. Schwarz muss nun nolens volens Sb5 ziehen, was zu einer sehr unerfreulichen Stellung führt. 24...Sb5 25.Sa4 Db7 26.Lf1 Sa3 27.Da6 Dxa6 28.Lxa6 Ta8 29.Tc6? auch Weiß strauchelt. Zu spät sah ich Tc7, wonach Schwarz auf Verlust steht, er kann sich nicht bewegen, während die weißen Türme wie Orkane im schwarzen Hinterland wüten. Tc6 basiert auf einem taktischen Schwindel, erlaubt Schwarz aber Erleichterung. 29...Kf7 Es galt zu erkennen, dass 29...Sb8 nicht etwa eine Figur gewinnt, sondern einem taktischen Trick zum Opfer fällt, der die Partie zu weißen Gunsten entscheidet. 30.Txe6 Kf7 31.Lb7 nebst 32.Lxd5 und Weiß hat sich 2 Bauern eingeheimst. 30.Ld3 Tfc8 31.Tac1 Txc6 32.Txc6 Ld8 33.Le3 Ta7 der einzige vernünftige Plan. Was sonst? 34.Tc8 Lc7 35.Kf2 Sb6 von diesem Zug und der damit verbundenen Bewertung des nachfolgenden Endspiels hängt die Stellungsbewertung ab. Es gab keine Alternativen, Schwarz muss im Endspiel S+L gegen Turm nach Rettung suchen. 36.Txc7+ Txc7 37.Sxb6 Sc2 38.Sa4 Sxe3 39.Kxe3 Tc1 40.Sc5 Ke7 41.La6 Te1+ 42.Kf4 Td1!
schlau gespielt, wenn Weiß auf Gewinn spielen will, muss er ein Risiko eingehen, nämlich den Bauern a2 mit Schach abtreten. Ängstliche Spieler müssen sich mit Remis nach Te1-d1-e1-d1 begnügen. 43.Ke3 Te1+ 44.Kd3 Tf1 45.Ke2 Ta1 46.Lc8 Txa2+ 47.Kd3 Tf2 48.Lxe6 Txf3+ 49.Ke2 Txg3 50.Lxf5? unverständlich. Nicht nur die Ästhetik, sondern auch der gesunde Menschenverstand sprach für Lxd5, wenn Weiß sich durchsetzen sollte. Tg2+ 51.Ke3 Th2 Schwarz wehrt sich nach Leibeskräften, der Turm entfaltet eine enorme Aktivität, Weiß muss auf der Hut sein 52.Le6 Weiß ist auf der Höhe. Nach 52.Lxh7?! Th3+! ein wichtiges Zwischenschach 53.Ke3 Txh4 54.Lg8 Txd4 55.Kd3 Td1 wäre das Remis unausweichlich 52...a4! genau so. Schwarz nutzt die schlechte Koordination des Anziehenden aus. Man beachte wie Schwarz sich durch aktives Spiel am Leben hält. Der Turm bereitet dem Weißen große praktische Probleme.
53.bxa4 b3 54.Lxd5 b2 55.La2 Th3+?? ein totaler Blackout, der Schwarz um die Früchte seiner Verteidigungsarbeit bringt. Ursprünglich war natürlich 55...Th1 56.d5 Ta1 der Plan, bis ich plötzlich die fixe Idee hatte, den d4-Bauern zu gewinnen, was natürlich hinten und vorne nicht klappt. Interessant ist das Endspiel, das nach 55...Th1 56.d5 Ta1 57.d6+ Ke8 58.Kd3 Txa2 59.Kc2 b1=D 60.Kxb1 Td2 hätte entstehen können.
Es steht Spitz auf Knopf, doch wenn man der Engine Glauben schenken kann, ist diese Stellung für Weiß nicht zu gewinnen.
56.Kd2 Txh4 57.Kc3 den hatte ich verpasst...so einfach kann Schach sein. g5 58.a5 g4 59.a6 Th1 60.a7 1–0
Ein sehr ärgerlicher Verlust nach zäher Gegenwehr, doch es sollte nicht der letzte gewesen sein...
Dennoch startete ich optimistisch in den nächsten Tag, an dem es gegen meinen Wirtzfelder Clubkameraden IM Stephane Hautot in die Schlacht ging. Ich war sehr gut vorbereitet, und da Stephane immer dieselbe Eröffnung spielt, plante ich einen vollen Punkt ein. Völlig falsch lag ich zwar nicht, doch überraschte er mich mit einer in meinen Augen dubiosen Nebenvariante. Was dann geschah, seht selbst:
Winterberg - IM Hautot (2374)
1.d4 d5 2.Sf3 Sf6 3.c4 c6 4.Sc3 dxc4 5.a4 Lf5 6.Se5 Sbd7 7.Sxc4 Sb6 8.Se5 a5 Dies ist die solide Lieblingsvariante der Chinesen, die viele chinesische Super-GMs in ihrem Repertoire haben. Da man sich am schwarzen Aufbau durchaus die Zähne ausbeißen kann, möchte ich das System hiermit "Chinesische Mauer" taufen. 9.f3 in meinen Augen der ambitionierteste Zug. Solidere Spieler wie Kramnik haben in der Praxis auch häufig 9.g3 und das moderne 9.e3 versucht. Wer es geradliniger mag, kann Gelfands 9.Lg5 folgen oder sich für Mamedyarovs giftiges 9.Tg1!? entscheiden.
9...h6 und da ist schon die Überraschung. Meine gesamten Analysen fingen mit dem Hauptzug 9...Sfd7 an, den die Theorie auch mit Abstand am höchsten einstuft. Der Partiezug hat halt das Problem, dass der Läufer auf h7 kümmerlich stehen wird, und selbst wenn Schwarz es schaffen sollte c5 oder e5 zu realisieren, es viele Tempi benötigen wird, diesen Läufer wieder zurück ins Spiel zu beordern. Meiner Ansicht nach ist 9...h6?! daher eine schlechte Idee. 10.e4 Lh7 11.Le3 Sfd7? Es ist erstaunlich, dass mein Gegner, der immer dieses System mit Schwarz spielt, auf solche Ideen kommt. 11...e6 war ein Muss. 12.Sxd7 Sxd7 13.d5! und plötzlich hat Schwarz große Entwicklungsprobleme. 13...cxd5?? Das überspannt den Bogen aber endgültig. Notwendig war 13...e6 14.dxe6 fxe6 15.Db3 wonach Schwarz zwar deutlich schlechter steht, aber immerhin noch am Leben ist. 14.Lb5 e6 15.exd5 Lb4 16.dxe6 fxe6 17.00 De7 was sonst? 18.Lb6!
Die schwarze Stellung wird zunehmends schlechter. Er kann nach wie vor nicht rochieren und ist ziemlich paralysiert. Der nächste Zug ist forciert. 18...Lc5+ 19.Lxc5 Dxc5+ 20.Tf2? das erste Mal, dass ich den Gewinn verpasse. Ursprünglich geplant war 20.Kh1, wonach Schwarz sofort verloren ist. So würde 20...000 an 21.Se4 Lxe4 (21...De7 22.Dd6+-/ 21...Db6 22.Sd6+ Kb8 23.Sf7+-) 22.Tc1+- scheitern und nach 20...Td8 gäbe es 21.Se4! Lxe4 22.fxe4 nebst Dg4 und Gewinn. Mit Tf2 wollte ich es übergenau spielen und gegebenenfalls den Turm nach d2 überführen, doch das hat den Nachteil, dass die Türme nicht verbunden sind. 20...Td8 erzwungen. 20...000 verliert analog zum Kh1-Abspiel nach 21.Se4+- 21.Tc1 De3 ich erwartete 21...Db6, wenn 22.Sd5! einen starken Eindruck hinterlässt. Nach dem Partiezug wurde ich nervös. Wie soll ich jetzt gewinnen? Problematisch ist, dass Schwarz nun 0-0 droht, um Lxd7 mit Txd7 zu beantworten, da der Tc1 hängt. Hier wird der Nachteil von 20.Tf2? deutlich. 22.Kf1 0-0 23.Te2? übersieht den sofortigen Knockout. Nach 23.Td2! hätte Schwarz die Figur nicht retten können, wie Varianten wie 23...Tf7 24.Sa2! deckt c1 Le4 25.Tc3 nebst Txd7 +- oder 23...Lg6 24.Sa2! Tf7 25.Tc7 nebst Tcxd7 illustrieren. 23...Dg5 24.Lxd7 Txd7 25.Dxd7 Dxc1+ 26.Kf2 das ernüchternde Ergebnis einer einstmaligen Gewinnstellung. Es tut weh, wenn man sich vor Augen führt, was Weiß aus seinen Chancen gemacht hat. 26...Lf5 27.Dd4! stark gespielt, Weiß klopft sich den Staub ab und fängt von vorne an mit seinen Gewinnbestrebungen. Die Dame steht sehr zentral und lässt Weiß auf ein kleines Plus hoffen. Schwächer hingegen ist 27.Dxb7 Ld3, wo Schwarz sich gut behauptet. 27...Kh7? ein ernster Fehler, der zu einem schlechten Endspiel führt, welches Schwarz kaum halten kann. Ich erwartete stattdessen 27...Dg5, wo es für Weiß sehr schwierig ist, auf Gewinn zu spielen. 28.Dd2! Dxd2 ist erzwungen, da 28...Dh1 29.Dd6 +- etwas peinlich wäre. 29.Txd2 Kg6 30.Td7 Tf7 31.Td6 Tc7 32.Tb6 Td7 33.Ke3 Kf6 34.Tb5 Ld3 35.Txa5 b6 36.Ta8 Lf1 37.g3? in Zeitnot versuchte ich einfache Züge zu machen, die nichts verderben. Nach 37.Tb8 hätte Schwarz getrost aufgeben können, da 37...Td6 an 38.Se4+ scheitert. 37...Lc4 38.Se4+ Ke7 39.h4 mit der Idee den König über f4 zu aktivieren. 39...e5 40.Tc8 Td3+ 41.Kf2 Ld5 und hier wurde mir gesamte Ausmaß meines Scheiterns bewusst. 42.Tc7+ Kf8 43.Tc8+ Ke7 44.Sc3!? ein letzter Gewinnversuch, der jedoch nicht ohne Risiken ist. Schwarz kriegt nun Gegenspiel und sollte nicht verlieren. Die Engine findet aber selbst hier noch eine erstaunlichen Weg um den Sieg zu kämpfen, der in 44.b4!! besteht. Natürlich sah ich diesen Zug, doch dachte ich Weiß würde einen Bauern einbüßen. Allerdings ist dies mitnichten so.
So scheitert beispielsweise 44...Tb3 an 45.Tc7+ Kd6 (45...Kf8 46.Sc3 +-) 46.Txg7 Txb4 47.Th7 +/- und 44...Lxe4 45.fxe4 Td4 46.Tc7+! Kf8 47.a5 bxa5 48.bxa5 Ta4 (48...Txe4? 49.a6 Ta4 50.a7 nebst Tc8+ und a8=D +-) 49.Tc5 führt zu einem für Weiß günstigen Endspiel, wo ich mir nicht sicher bin, ob Schwarz es halten kann. Der Partiezug 44.Sc3!? ist zwar interessant, reicht jedoch nicht aus, einen gewinnbringenden Vorteil zu erzielen. 44...Lxf3 45.Tb8 g5 46.hxg5 hxg5 47.Txb6 g4 48.Tb4 quasi ein Muss. Schwarz drohte mit e4, was unbedingt verhindert werden muss. 48...Kd6 49.a5 Kc5 50.Tb5+ Kd6 51.Tb4 Kc5 52.Tb5+ ½–½
Und schwups ist leichtfertig ein halber Punkt verschenkt. Ein Remis, das sich anfühlt wie ein Verlust. Ich zeigte mich resistent gegen jedwede verheißungsvolle Gewinnfortsetzung und verdiene unter dem Strich das Remis. Dummheit muss bestraft werden.
Runde 8 stand unter einem anderen Stern. Da ich bereits nach Runde 7 in meiner Unterkunft auscheckte, pendelte ich die letzten 2 Tage. Bei einer Fahrt von ca. 2h10min. ist das erträglich. So verließ ich um 11:45 das Haus, also 3h15min. vor Rundenbeginn...aber wie so oft in diesem Turnier ging alles schief. Auf der A3 gab es einen sehr sehr langen Stau nach einem Unfall. Eigentlich kein Problem, ich plane ja immer sehr großzügige Zeitpuffer ein, lieber zu früh als zu spät. Das Problem war, es ging überhaupt nicht weiter, keinen Meter, und das für über eine Stunde. So kontaktierte ich um kurz nach 1 die Turnierleitung und teilte ihr mit, dass ich es nicht pünktlich schaffen würde, vielleicht sogar erst um 4 Uhr eintreffen würde. Ich hoffte darauf, eine Regelung finden zu können, die vorsieht, dass mein Gegner auf mich wartet, so wie ich es am ersten Tag tat, als mein Gegner noch arbeiten musste und die Partie auf 6 Uhr verlegt wurde. Aber nein, um 15:28 erreichte ich "schon" den Turniersaal, meine Uhr lief bereits. Mit Schwarz gegen einen 2373er, mit 28 Minuten weniger auf der Uhr...eine ziemliche Hypothek. Zu meiner Freude kam das einzige Mal in diesem Turnier meine Vorbereitung aufs Brett. Eine Variante, die ich gut kenne, mein Gegner nicht. Ich blitzte, er grübelte und so war sein Zeitvorsprung bald aufgebraucht. Im Mittelspiel bin ich jedoch traditionell sehr lahm und so kam ich doch noch in Zeitnot und vermisste die 28min. Es kam wie es kommen musste...
FM Kalka (2373) - Winterberg
1.c4 Sf6 2.Sf3 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.d4 0-0 6.Le2 Sa6 7.0–0 e5 8.Te1 Lg4!? meine Lieblingsvariante 9.Le3 Lxf3 10.Lxf3 exd4 11.Lxd4 Sb4 das ist die Idee 12.Dd2 Sc6 13.Le3 Sd7 14.Le2 Sc5 15.f3 Se6 mein Gegner verriet mir nach der Partie, dass er diese Idee völlig übersehen hat, dabei ist doch gerade Se6 der Kern des schwarzen Planes. 16.Kh1 und der Zeitvorteil war weg. Meine häuslichen Analysen beschäftigen sich hauptsächlich mit 16.Td1, doch fürchtete mein Gegner 16...Ld4, ein Zug, den ich ob meines geschwächten Königs nie und nimmer gemacht hätte. Die weiße Initiative entwickelt sich nach f4-f5 sehr schnell und die Schwäche des Le2 ist lediglich eine ephemere Erscheinung. 16...Scd4
Nach 16...Ld4 wollte mein Gegner mittels Lh6-e3-h6 die Züge wiederholen. Er verstand nicht, der Schwächung meines Königs Bedeutung beizumessen.17.Sb5 will den lästigen Sd4 sofort befragen, Weiß mag etwas besser stehen, der Rappe, der wie ein Krake auf d4 sitzt, ist allerdings sehr lästig und bereitet dem Anziehenden Unwohlsein, da er "um ihn herum" spielen muss. c5 18.f4 Sxb5 19.cxb5 Sd4 20.Lc4 De7 21.Dd3 Tae8 22.Ld2 Kh8 23.Te3 Dd7 24.a4 f5 25.Tae1 Te7 26.Ld5 Tfe8 eine sehr interessante Stellung hat sich ergeben. Meiner Meinung nach mischt Schwarz kräftig mit und sollte nicht schlechter stehen. 27.Th3 Lf6? und die Zeitnot fordert ihren Tribut. Mit 28min. mehr auf der Uhr hätte ich definitiv 27...fxe4! 28.Txe4 Dg4! mit schwarzem Vorteil gefunden. 28.Dg3 fxe4? Leider zu spät und bereits der entscheidende Fehler. Es gab tatsächlich noch Rettung, welche mit 28...Tg7! verbunden war. Nach 29.e5 dxe5 30.fxe5 Lh4! den übersahen wir beide, steht das Spiel in etwa gleich. 29.Dxg6 Tf8 erst jetzt merkte ich, dass das geplante 29...Df5 an 30.Txh7 +- scheitert. 30.Dh6 Tg7 31.Lxe4 Df7 32.g4 d5 33.Lb1 c4 34.g5 Ld8 35.Lb4 Tfg8 36.Lc3 Lb6 37.Dxb6 habe ich natürlich gesehen, aber was sollte ich sonst spielen?
axb6 38.Lxd4 Te8 39.Txh7+ Kg8 40.Txg7+ Dxg7 41.Txe8+ 1–0
Und erneut ein unnötiger Verlust, manchmal ist es wirklich wie verhext. Der Freude meines Gegner tat das jedoch keinen Abbruch, es muss offenbar ein sehr befriedigendes Gefühl sein mit Weiß gegen einen 90 Punkte schwächeren Gegner bei 30 min. mehr auf der Uhr zu gewinnen...
Inzwischen hatte ich das Turnier bereits abgehakt, es sollte einfach nicht sein! In Runde 9 wurde dann ein Ragozin diskutiert, auf den ich natürlich nicht vorbereitet war. Durch den Sieg robbte (anders kann man es wirklich nicht nennen) ich mich noch an meinem Widerpart vorbei, der am Ende auf Platz 9 eintrudelte.
Winterberg - FM Kaufeld (2342)
1.Sf3 ich wollte eine schlaue Zugreihenfolge wählen, doch bereits sein 1.Zug ließ die Träume einer gelungenen Vorbereitung platzen. d5 2.d4 Sf6 3.c4 e6 4.Sc3 Lb4 Ragozin, ok. Wie ging das noch gleich? 5.Lg5 Sbd7 6.cxd5 exd5 7.e3 h6 8.Lh4 g5 In den Varianten mit frühem c5 kenne ich mich ja halbwegs aus, aber frühes h6-g5 hmmm. 9.Lg3 Se4 10.Sd2 Sxg3 11.hxg3 Sb6 12.Ld3 Le6 13.Db3 nachdem ich diesen Zug gespielt hatte, mochte ich ihn schon nicht mehr. Die Dame steht dort unglücklich, da sie einem eventuellen c5 ins Visier blickt. 13...De7 das hingegen empfand ich als sehr angenehm. Wieso nicht Ld6, was mich ernsthaft mit der Drohung c5 konfrontiert? 14.a3 Lxc3 15.Dxc3 c6 16.b4 a6 17.a4 Df6 18.Dc5 der konkrete Ansatz bestand in 18.b5, der auf mich einen gesunden Eindruck machte, aber ich wollte die Lage nicht forcieren. 18...Sd7 19.Dd6 De7 zu weißer Initiative führt auch der Versuch die Dame zu fangen. Nach 19...c5 20.bxc5 Tc8 21.c6 Txc6 22.Da3 bzw. 19...Tc8 20.Sb3 h5 (20...c5? 21.Sxc5+-) 21.Sa5 Tb8 22.f3 steht Weiß etwas besser. 20.Dxe7+ Kxe7 21.Sb3 h5 22.f3! ein starker Plan f5 23.Kf2
durch prophylaktisches Spiel hat Weiß verhindert, dass Schwarz am Königsflügel zu Gegenspiel kommt. Nun wird am Damenflügel gespielt, während Schwarz, des aktiven Spiels beraubt, nur abwarten kann. Außerdem neigen auch die Bauern h5 und f5 zur Schwäche. Kd6 24.Tab1 Sf6 25.Sc5 Lc8 26.Thc1 Tf8 27.Le2 Tf7 28.Tb2 Te7 29.Tbc2 Le6 30.Sd3 Weiß hat den Luxus lavieren zu dürfen. Mein Gegner war bereits in Zeitnot und da ist keine direkte Drohung oft die unangenehmste...man kann sich nicht gegen sie verteidigen. Außerdem schwebt der mögliche Hebel b5 schon länger wie ein Damoklesschwert über des Schwarzen Haupt, was ihn zwingt, sich Gedanken über seine Figurenstellung zu machen. 30...h4? Bricht zusammen. Schwarz musste die Füße still halten, auch wenn es schwer fällt. Richtig war 30...Se7, wenn Weiß sein Lavierspiel fortsetzt und irgendwann in einem günstigen Moment b5 realisiert. Die schwarze Stellung macht auf mich einen sehr gefährdeten Eindruck und ich weiß nicht, ob Schwarz sich halten kann. 31.gxh4 gxh4 32.Se5 droht dreist mit Matt. Tg7 33.b5 erstaunlich ist der Vorschlag der Engine, die 33.Sxc6 bxc6 34.Txc6+ Ke7 35.Txa6 propagiert. Für das menschliche Auge erscheint diese Brachiallösung aber unangemessen. axb5 34.axb5 Sd7 35.Sd3! richtig gespielt, da 35.bxc6 nicht forciert gewinnt, wird der Springer zu seinem Traumfeld f4 überführt.
cxb5 36.Tb2 Sb6 37.Txb5 Sc4 38.Tcb1 Ta2 39.Sf4 Ein strategisches Bild des Horrors. Schwarz bleibt auf einer Ruine sitzen und die Drohungen Tb6+ und Txb7 lassen sich nicht parieren. b6 40.Txb6+ Sxb6 41.Txb6+ Kc7 42.Txe6 1–0
Fazit: Das Turnier war an sich sehr schön und eine tolle Erfahrung. Zwar lief es für mich nicht ideal, doch habe ich gemerkt, dass es nicht so schwer ist, eine IM-Norm zu schaffen. Die Durchführung von IA de Vet und anderen Helfern war sehr gelungen und verlief reibungslos.
Welches Turnier als nächstes ansteht, weiß ich noch nicht aber bald beginnt die neue Saison, in der wir hoffentlich ordentlich durchstarten werden :)
Sonntag, 31. August 2014
Donnerstag, 6. März 2014
Närrisches Schach in der Pfalz
Hallo Schachfreunde,
der Karneval ist seit gestern vorbei, dessen Spuren werden so manchen jedoch noch verfolgen. Dabei spreche ich aber nicht von dem berühmten Brummschädel oder anderen Auswirkungen ausgeweiteten Alkoholkonsums. Ich spreche vielmehr von den Ratingentwicklungen, die bei Karnevalsturnieren vollzogen wurden. An dieser Stelle sei auch auf den RAMADA-Cup in Köln Brühl hingewiesen. Köln/Fasching---RAMADA-Cup?! Es verwundert nicht, dass sich zahlreiche Schachfreunde als Cowboy, Mönch oder ähnliches ans Brett begaben. Ich spielte stattdessen das starkbesetzte Pfalz-Open, selbstverständlich wie üblich als Zivilist gekleidet. Während Großteile des Rheinlands zum Höhepunkt der närrischen Zeit enthemmt der Bacchanale frönten, wurde im pittoresken Neustadt an der Weinstraße Schach gespielt, und dies geschah zumindest an den ersten 10 Brettern zumeist auf hohem Niveau. Sieger nach 9 Runden wurde Favorit GM Baklan vor dem jungen GM Bogner, der seit einiger Zeit unter eidgenössischer Flagge spielt. Bei mir lief es sehr durchwachsen. Einige wenige Partien waren gut, der Rest war stellenweise grotesk schlecht. "Närrisch" ging es bereits in Runde 1 los, als ich es zuwege brachte im Rubinstein-Franzosen als Anziehender nach nur 9 Zügen einen Bauern einzustellen. Narreteien wie diese zogen sich wie ein roter Faden durch das Turnier, was das Eloplus von ca. +2 allerdings nicht vermuten lässt. Das Turnier an sich war sehr gut organisiert, was beim Schiedsrichtergespann Johann/Hendrich/Hess üblich ist. Der Turniersaal war geräumig, der Raum gut klimatisiert. Lediglich dem ständigen Lärm auf dem Flur wurde man nicht wirklich Herr. Ich verstehe nicht, wieso sich die Leute nicht an Turnierruhe halten, gerade Schachspieler sollten es doch verstehen, dass Ruhe nicht abträglich ist. Auch das Schild auf dem Flur mit der Aufschrift "Bitte Turnierruhe" wurde entweder erfolgreich ignoriert oder nicht respektiert. Bei geschlossener Tür war die Geräuschkulisse zum Glück sehr gut erträglich. Entschuldigungen für schlechtes Spiel sollten also woanders gesucht werden :) . ...zum Beispiel bei unterirdischen theoretischen Kenntnissen. Als Weißer schaffte ich es in 2 Partien nicht, einen Eröffnungsvorteil nachzuweisen, in einer stellte ich einen Bauern ein, in einer Schwarzpartie konnte ich mit Ach und Krach einen sofortigen Kollaps in der Eröffnung vermeiden. Vor allem gegen die Letten tat ich mich schwer: 0,5/3 sind wenig erbaulich, mal ganz abgesehen davon, dass ich eine Gewinnstellung Remis gegeben habe. Nun möchte ich 2 Partien vorstellen, die das alles in allem schlechte Turnier nicht wirklich widerspiegeln.
Winterberg - Hecht,C.
Vor der Runde hatte ich naturgemäß etwas Bedenken. Gegen einen jungen Gegner zu spielen, dessen DWZ bereits über 2100 ist, ist üblicherweise alles andere als ein Picknick im Park. In dieser Partie lief es gottseidank sehr gut für mich, selbst die Engine war ziemlich glücklich. Und was die Engine glücklich macht, stellt auch mich zufrieden :).
1.e4 c5 2.c3 d5 3.exd5 Dxd5 4.d4 Sf6 5.Sf3 e6 6.Le3 cxd4 7.cxd4 Sc6 8.Sc3 Dd6 9.a3 Le7 10.Ld3 0-0 11.0-0 b6 12.De2 Lb7 13.Tad1 Tfd8 14.Tfe1 Tac8 15.Lb1 bis zu diesem Moment spielten wir beide ziemlich schnell. Jetzt versank mein Gegner zum ersten Mal im Nachdenken, umso erstaunlicher, dass er sich für einen schlechten Zug entschied. 15...Sa5? zu früh, der Springer macht dort nichts, im Gegenteil: Schwarz gibt frühzeitig die Kontrolle über e5 auf. Die Theorie empfiehlt bessere Pläne. 16.Se5 und hier rechnete mein Gegner eine gefühlte Ewigkeit, bis er nur noch 39 Minuten auf der Uhr hatte, die schwarze Stellung ist bereits schwierig, ständig drohen diverse Opfer auf f7 oder h7. 16...Sc6! Es fällt nicht leicht, einen Fehler zuzugeben, ganz besonders nicht in einer Situation wie dieser. Der schwarze Zug ist der beste, fehlerhaft wäre es gewesen, Sa5 zu rechtfertigen und z.B. Db8 zu ziehen, 17. Lg5 ▲ 18.Sxf7 +- hätte den Tag zu weißen Gunsten entschieden. 17.f4 g6 18.La2! ein typisches Manöver, da der Läufer nach 17...g6 auf Granit beißt. Auf der Diagonalen a2-g8 winkt ihm jedoch eine verheißungsvolle Zukunft. Der Vorstoß d5 wird bekräftigt und Schwarz wird sich im Folgenden immer mit möglichen Opfern auf f7 beschäftigen dürfen. 18...Lf8 19.Lf2 Sd5 allzu gerne hätte Schwarz 19...Sh5 versucht, um Weiß zu g3 zu verleiten, doch scheitert Sh5 taktisch an 20.Sxf7! Kxf7 21.Lxe6+ (21.Se4!?) Kg7 22.d5! wonach die schwarze Stellung zusammenbricht. Nach der Partiefortsetzung hat sich Weiß die Frage zu stellen, ob er besser mit dem Springer oder mit dem Läufer auf d5 schlägt. Für den Springer habe ich wenig Perspektiven gesehen, wohingegen der Läufer eine latente Kraft ausstrahlt. Außerdem gäbe es nach 20.Lxd5 exd5 immer Tricks mit Lxa3 basierend auf der ungedeckten Stellung des Sc3. Laut Engine wäre der weiße Vorteil sogar völlig perdu. 20.Sxd5 exd5 21.Df3 mit der Drohung f5 21...Se7 22.Lb1! da ist er wieder und erneuert die Drohung f5. 22...f6 23.Sg4 f5 24.Se5 Lg7 25.Lh4 es zeichnet sich ein strategisches Debakel für Schwarz ab. Der Bauer d5 ist schwach, der Lb7 passiv und die weißen Figuren stehen ausgezeichnet.
25...Lf6 26.Lxf6 Dxf6 27.La2! und täglich grüßt das Murmeltier. 27...Dd6 28.Tc1 Sc6 gibt Weiß die Chance ein paar Figuren zu tauschen und den Druck gegen d5 zu verstärken. 29.Sxc6 Txc6 30.Txc6 Dxc6 31.De3 Df6? 32.De7
und in dieser Stellung überschritt mein Gegner seine Bedenkzeit obwohl wir mit Inkrement spielten. Allerdings ist es zu bezweifeln, dass Schwarz diese Partie anderenfalls nicht verloren hätte. Erwähnenswert ist, dass 32...Dxd4? an 33.Kh1 scheitert, wenn nach 33...Tb8 34.Dc7 Schwarz eine Figur verliert. Demzufolge muss Schwarz nolens volens 32...Dxe7 spielen, und nach 33.Txe7 La6!? versuchen, da das passive 33...Tb8? nach 34.Txb7 Txb7 35.Lxd5+ ein verlorenes Bauernendspiel ergibt. Nach 33...La6!? ist 34.Kf2!+/- stark, hingegen 34.Txa7?! Lc4 mit sehr guten Remischancen.
Mit dieser Partie bin ich zufrieden, leider lief es in den meisten anderen ganz anders...
Die zweite Partie, die ich vorstellen möchte, ereignete sich eine Runde zuvor, wobei ich in dieser Partie die Einstellung der schwarzen Seite im Alapin verteidigte.
Spengler,H. - Winterberg
1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.c3 d5 4.exd5 Dxd5 5.d4 Sf6 6.Le2 in Runde 2 versuchte mein Gegner 6.Le3 cxd4 7.Dxd4?! er spielte offenkundig auf Remis und erreichte dieses auch.
6...Sc6 7.0-0 cxd4 8.cxd4 Le7 9.Sc3 Dd6 10.Lg5 0-0 11.Dd2 Td8 12.Tfd1 Sd5 wie ich nach der Partie festgestellt habe, gab es dies alles bereits. 13.Lxe7 der erste neue Zug, in den drei Vorgängerpartien versuchten die Weißen es mit 13.Tac1. 13...Scxe7 14.Se5 Sf6 (14...Sxc3!?) 15.Sb5 Db8 16.Tac1 Sed5 verlockend war 16...a6, doch waren mir die Folgen von 17.Sc7 Ta7 nicht klar. Der Springer steht zwar komisch auf c7, aber ich kann ihn nicht angreifen. Der Textzug ist solider. 17.Dg5 Ld7 18.Sc3 Le8 19.Td3 mein Gegner macht vieles richtig, er scheint einen gewissen Erfahrungsschatz in dieser Art von Stellung zu besitzen. 19...h6 20.Dh4 Dd6 21.Tg3 Kf8!
Die beste Verteidigung. Der König steht sicher auf f8 und deckt gleichzeitig f7. Es ist mir nicht klar, wie Weiß seinen Angriff verstärken kann. 22.Td1 Se7 23.Df4 Sf5 24.Tgd3 ich hatte nicht mehr viel Zeit auf der Uhr, dennoch versuche ich meinen Gegner mit dem nächsten Zug auszutricksen. 24...Tac8 sieht ganz unschuldig aus und ist es im Prinzip auch. Der Vorstoß 25.d5 erscheint nun allzu verlockend, so verlockend, dass mein Gegner der Versuchung nicht widerstehen konnte. In der Tat wäre 25.d5 sehr stark, wenn, ja wenn da nicht 25...g5! wäre.
Eine böse Überraschung für den Anziehenden. Der Se5 ist nicht zu halten. 26.Dd2 Dxe5 27.dxe6 Txd3 28.Lxd3 Sh4! 29.Te1 Dd6 30.e7+ Kg7 31.De3 Lc6 32.f3 und obwohl ich nur noch 2 Minuten auf der Uhr hatte, ließ ich es mir nicht nehmen, die Partie auf der Stelle auf kombinatorischem Wege zu beenden. 32...Sxg2!
33.Kxg2 Sg4 34.De2 Dxh2+ 35.Kf1 Dh1#
Eine interessante Partie, mit einem für die Alapin-Variante typischen Stellungstyp. Mein Gegner meinte nach der Partie, dass ich bestimmt auf Verlust gestanden habe, doch bestätigte die Engine meine Einschätzung: Die schwarze Verteidigung steht fest und ist schwer zu knacken.
Das nächste Turnier wird kommen, voraussichtlich wird es das Neckar-Open sein. Sonntag geht es aber zunächst mal darum, den Aufstieg unter Dach und Fach zu bringen.
der Karneval ist seit gestern vorbei, dessen Spuren werden so manchen jedoch noch verfolgen. Dabei spreche ich aber nicht von dem berühmten Brummschädel oder anderen Auswirkungen ausgeweiteten Alkoholkonsums. Ich spreche vielmehr von den Ratingentwicklungen, die bei Karnevalsturnieren vollzogen wurden. An dieser Stelle sei auch auf den RAMADA-Cup in Köln Brühl hingewiesen. Köln/Fasching---RAMADA-Cup?! Es verwundert nicht, dass sich zahlreiche Schachfreunde als Cowboy, Mönch oder ähnliches ans Brett begaben. Ich spielte stattdessen das starkbesetzte Pfalz-Open, selbstverständlich wie üblich als Zivilist gekleidet. Während Großteile des Rheinlands zum Höhepunkt der närrischen Zeit enthemmt der Bacchanale frönten, wurde im pittoresken Neustadt an der Weinstraße Schach gespielt, und dies geschah zumindest an den ersten 10 Brettern zumeist auf hohem Niveau. Sieger nach 9 Runden wurde Favorit GM Baklan vor dem jungen GM Bogner, der seit einiger Zeit unter eidgenössischer Flagge spielt. Bei mir lief es sehr durchwachsen. Einige wenige Partien waren gut, der Rest war stellenweise grotesk schlecht. "Närrisch" ging es bereits in Runde 1 los, als ich es zuwege brachte im Rubinstein-Franzosen als Anziehender nach nur 9 Zügen einen Bauern einzustellen. Narreteien wie diese zogen sich wie ein roter Faden durch das Turnier, was das Eloplus von ca. +2 allerdings nicht vermuten lässt. Das Turnier an sich war sehr gut organisiert, was beim Schiedsrichtergespann Johann/Hendrich/Hess üblich ist. Der Turniersaal war geräumig, der Raum gut klimatisiert. Lediglich dem ständigen Lärm auf dem Flur wurde man nicht wirklich Herr. Ich verstehe nicht, wieso sich die Leute nicht an Turnierruhe halten, gerade Schachspieler sollten es doch verstehen, dass Ruhe nicht abträglich ist. Auch das Schild auf dem Flur mit der Aufschrift "Bitte Turnierruhe" wurde entweder erfolgreich ignoriert oder nicht respektiert. Bei geschlossener Tür war die Geräuschkulisse zum Glück sehr gut erträglich. Entschuldigungen für schlechtes Spiel sollten also woanders gesucht werden :) . ...zum Beispiel bei unterirdischen theoretischen Kenntnissen. Als Weißer schaffte ich es in 2 Partien nicht, einen Eröffnungsvorteil nachzuweisen, in einer stellte ich einen Bauern ein, in einer Schwarzpartie konnte ich mit Ach und Krach einen sofortigen Kollaps in der Eröffnung vermeiden. Vor allem gegen die Letten tat ich mich schwer: 0,5/3 sind wenig erbaulich, mal ganz abgesehen davon, dass ich eine Gewinnstellung Remis gegeben habe. Nun möchte ich 2 Partien vorstellen, die das alles in allem schlechte Turnier nicht wirklich widerspiegeln.
Winterberg - Hecht,C.
Vor der Runde hatte ich naturgemäß etwas Bedenken. Gegen einen jungen Gegner zu spielen, dessen DWZ bereits über 2100 ist, ist üblicherweise alles andere als ein Picknick im Park. In dieser Partie lief es gottseidank sehr gut für mich, selbst die Engine war ziemlich glücklich. Und was die Engine glücklich macht, stellt auch mich zufrieden :).
1.e4 c5 2.c3 d5 3.exd5 Dxd5 4.d4 Sf6 5.Sf3 e6 6.Le3 cxd4 7.cxd4 Sc6 8.Sc3 Dd6 9.a3 Le7 10.Ld3 0-0 11.0-0 b6 12.De2 Lb7 13.Tad1 Tfd8 14.Tfe1 Tac8 15.Lb1 bis zu diesem Moment spielten wir beide ziemlich schnell. Jetzt versank mein Gegner zum ersten Mal im Nachdenken, umso erstaunlicher, dass er sich für einen schlechten Zug entschied. 15...Sa5? zu früh, der Springer macht dort nichts, im Gegenteil: Schwarz gibt frühzeitig die Kontrolle über e5 auf. Die Theorie empfiehlt bessere Pläne. 16.Se5 und hier rechnete mein Gegner eine gefühlte Ewigkeit, bis er nur noch 39 Minuten auf der Uhr hatte, die schwarze Stellung ist bereits schwierig, ständig drohen diverse Opfer auf f7 oder h7. 16...Sc6! Es fällt nicht leicht, einen Fehler zuzugeben, ganz besonders nicht in einer Situation wie dieser. Der schwarze Zug ist der beste, fehlerhaft wäre es gewesen, Sa5 zu rechtfertigen und z.B. Db8 zu ziehen, 17. Lg5 ▲ 18.Sxf7 +- hätte den Tag zu weißen Gunsten entschieden. 17.f4 g6 18.La2! ein typisches Manöver, da der Läufer nach 17...g6 auf Granit beißt. Auf der Diagonalen a2-g8 winkt ihm jedoch eine verheißungsvolle Zukunft. Der Vorstoß d5 wird bekräftigt und Schwarz wird sich im Folgenden immer mit möglichen Opfern auf f7 beschäftigen dürfen. 18...Lf8 19.Lf2 Sd5 allzu gerne hätte Schwarz 19...Sh5 versucht, um Weiß zu g3 zu verleiten, doch scheitert Sh5 taktisch an 20.Sxf7! Kxf7 21.Lxe6+ (21.Se4!?) Kg7 22.d5! wonach die schwarze Stellung zusammenbricht. Nach der Partiefortsetzung hat sich Weiß die Frage zu stellen, ob er besser mit dem Springer oder mit dem Läufer auf d5 schlägt. Für den Springer habe ich wenig Perspektiven gesehen, wohingegen der Läufer eine latente Kraft ausstrahlt. Außerdem gäbe es nach 20.Lxd5 exd5 immer Tricks mit Lxa3 basierend auf der ungedeckten Stellung des Sc3. Laut Engine wäre der weiße Vorteil sogar völlig perdu. 20.Sxd5 exd5 21.Df3 mit der Drohung f5 21...Se7 22.Lb1! da ist er wieder und erneuert die Drohung f5. 22...f6 23.Sg4 f5 24.Se5 Lg7 25.Lh4 es zeichnet sich ein strategisches Debakel für Schwarz ab. Der Bauer d5 ist schwach, der Lb7 passiv und die weißen Figuren stehen ausgezeichnet.
25...Lf6 26.Lxf6 Dxf6 27.La2! und täglich grüßt das Murmeltier. 27...Dd6 28.Tc1 Sc6 gibt Weiß die Chance ein paar Figuren zu tauschen und den Druck gegen d5 zu verstärken. 29.Sxc6 Txc6 30.Txc6 Dxc6 31.De3 Df6? 32.De7
und in dieser Stellung überschritt mein Gegner seine Bedenkzeit obwohl wir mit Inkrement spielten. Allerdings ist es zu bezweifeln, dass Schwarz diese Partie anderenfalls nicht verloren hätte. Erwähnenswert ist, dass 32...Dxd4? an 33.Kh1 scheitert, wenn nach 33...Tb8 34.Dc7 Schwarz eine Figur verliert. Demzufolge muss Schwarz nolens volens 32...Dxe7 spielen, und nach 33.Txe7 La6!? versuchen, da das passive 33...Tb8? nach 34.Txb7 Txb7 35.Lxd5+ ein verlorenes Bauernendspiel ergibt. Nach 33...La6!? ist 34.Kf2!+/- stark, hingegen 34.Txa7?! Lc4 mit sehr guten Remischancen.
Mit dieser Partie bin ich zufrieden, leider lief es in den meisten anderen ganz anders...
Die zweite Partie, die ich vorstellen möchte, ereignete sich eine Runde zuvor, wobei ich in dieser Partie die Einstellung der schwarzen Seite im Alapin verteidigte.
Spengler,H. - Winterberg
1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.c3 d5 4.exd5 Dxd5 5.d4 Sf6 6.Le2 in Runde 2 versuchte mein Gegner 6.Le3 cxd4 7.Dxd4?! er spielte offenkundig auf Remis und erreichte dieses auch.
6...Sc6 7.0-0 cxd4 8.cxd4 Le7 9.Sc3 Dd6 10.Lg5 0-0 11.Dd2 Td8 12.Tfd1 Sd5 wie ich nach der Partie festgestellt habe, gab es dies alles bereits. 13.Lxe7 der erste neue Zug, in den drei Vorgängerpartien versuchten die Weißen es mit 13.Tac1. 13...Scxe7 14.Se5 Sf6 (14...Sxc3!?) 15.Sb5 Db8 16.Tac1 Sed5 verlockend war 16...a6, doch waren mir die Folgen von 17.Sc7 Ta7 nicht klar. Der Springer steht zwar komisch auf c7, aber ich kann ihn nicht angreifen. Der Textzug ist solider. 17.Dg5 Ld7 18.Sc3 Le8 19.Td3 mein Gegner macht vieles richtig, er scheint einen gewissen Erfahrungsschatz in dieser Art von Stellung zu besitzen. 19...h6 20.Dh4 Dd6 21.Tg3 Kf8!
Eine böse Überraschung für den Anziehenden. Der Se5 ist nicht zu halten. 26.Dd2 Dxe5 27.dxe6 Txd3 28.Lxd3 Sh4! 29.Te1 Dd6 30.e7+ Kg7 31.De3 Lc6 32.f3 und obwohl ich nur noch 2 Minuten auf der Uhr hatte, ließ ich es mir nicht nehmen, die Partie auf der Stelle auf kombinatorischem Wege zu beenden. 32...Sxg2!
33.Kxg2 Sg4 34.De2 Dxh2+ 35.Kf1 Dh1#
Eine interessante Partie, mit einem für die Alapin-Variante typischen Stellungstyp. Mein Gegner meinte nach der Partie, dass ich bestimmt auf Verlust gestanden habe, doch bestätigte die Engine meine Einschätzung: Die schwarze Verteidigung steht fest und ist schwer zu knacken.
Das nächste Turnier wird kommen, voraussichtlich wird es das Neckar-Open sein. Sonntag geht es aber zunächst mal darum, den Aufstieg unter Dach und Fach zu bringen.
Mittwoch, 1. Januar 2014
Jahresrückblick
Frohes Neues liebe Schachfreunde,
das neue Jahr ist nicht mal 10 min. alt und ich nutze die Zeit um die Highlights des vergangenen Schachjahres zu rekapitulieren. In erster Linie sollte natürlich der neue Weltmeister Magnus Carlsen erwähnt werden, der Anand in reifer Manier bezwang. Leider konnte "Team Germany" bei keinem Event wirklich gut punkten. Erwähnenswert sind außerdem der grandiose Durchmarsch von Mickey Adams bei den Dortmunder Schachtagen, das Lifetime-Elohoch von Bacrot und Adams und das spannende Qualifikationsturnier der WM, in dem sowohl Carlsen als auch Kramnik in der letzten Runde verloren...in 2013 wurde große Schachgeschichte geschrieben. Betrachten wir die weniger schönen Vorfälle in 2013, wären in jedem Fall die Betrugsskandale um IM Kotainy und Borislav Ivanov zu nennen, bei welchem ich mich weigere seinen Namen mit "FM" zu schmücken. Außerdem hat die Schachwelt einige Verluste zu beklagen. Zunächst verstarb Jahrhundert-Schiedsrichter Lothar Schmid, dann verunglückte GM Kurnosov bei einem Verkehrsunfall, wenige Zeit später erlag die ebenfalls noch sehr junge WIM Vesna Rozic ihrer Krankheit. Im Herbst verstarb GM Milan Matulovic, der vielen als "J'adoubovic" ein Begriff sein dürfte. Für mich lief das Jahr sehr gut, zunächst mit einem Misserfolg in Basel ins Jahr gestartet, lief es beim Neckar-Open nicht besser. Doch dann ging es steil bergauf und ich verbesserte mein Rating von dort an um 108 Punkte. Das Highlight war der Sieg beim Nibelungen-Open in Worms vor einigen Titelträgern. Ich werde im Folgenden zwei meiner Lieblingspartien aus dem vergangenen Jahr präsentieren:
Winterberg - Mantau (Godesburg Open 2013)
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Le2 0-0 6.Sf3 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.Se1 Se8 10.Sd3 f5 11.Ld2 Tf7 12.Tc1 Sf6 13.f3 f4 14.c5 g5 15.cxd6 cxd6 16.Sb5 Sg6 17.Dc2 Se8 18.a4 Ld7 Ich möchte wie üblich nicht auf die Theorie eingehen, es sei nur gesagt, dass es all dies bereits schon gab. Ld7 war neu für mich, ändert aber an dem weißen Plan nicht viel. 19.Sf2 h5 20.Db3 Lf8 21.a5 Sh4 22.h3 Tg7 Es scheint als stünde Schwarz kurz dem entscheidenden Durchbruch, vor dem es jedem Weißspieler graut. Das weiße Spiel hingegen sieht etwas langsam aus, doch wie die Partie zeigen wird, ist der schwarze Angriff nur Theaterdonner, während der weiße Aufmarsch am Damenflügel langsam aber sicher aufgezogen wird. 23.Le1 Kh8 24.Dd1 dieser Zug richtet sich zum einen profylaktisch gegen g4 und zum anderen kann nun der b-Bauer mit Schwung nach vorne preschen. 24...Sg6 mit Remisgebot. Ich hatte Gründe genug weiterzuspielen. Zum einen war ich der Elofavorit, zum anderen befand sich mein Gegner bereits in Zeitnot und fühlte sich offenbar nicht so recht wohl und außerdem zog er soeben den Springer von seiner Angriffsposition zurück, wo er ihn erst drei Züge zuvor postiert hat. Der weiße Angriff am Damenflügel hat jedoch Perspektive. Dennoch überlegte ich eine Weile, denn Weiß braucht einen Plan, und den muss man erst mal finden. 25.b4 Lc8 nicht schön, aber überdeckt c7. 26.Tc3!
Ein typischer Zug. Im Königsinder steht der Turm auf der dritte Reihe oft sehr gut, weil er zum einen vertikal am Damenflügel Druck ausübt und zum anderen auf der Horizontalen eine Verteidigungsfunktion einnimmt. Weiß will nun auf der c-Linie verdoppeln, während vom schwarzen Mattangriff weit und breit nichts zu sehen ist. 26...Sf6 27.Dc2 Se7 28.Sc7 diejenigen, die diese Eröffnung mit Schwarz spielen, wissen was es bedeutet, wenn Weiß auf c7 einreitet. Häufig opfert der Nachziehende den Turm a8 aus konkreten, taktischen Gründen, da er hier aber kein Gegenspiel hat, muss der Turm kleinmütig weichen, wonach der überaus lästige Springer Weiß bereits klaren Vorteil gibt. 28...Tb8 29.b5 Ld7 30.b6 axb6 31.axb6 Sc8 Es ist offensichtlich, dass bei Schwarz etwas gründlich schief gelaufen ist.Trotzdem muss Weiß einen Plan finden die Stellung weiter zu verstärken. Ein möglicher Plan sieht vor den Tf1 nach c1 zu bringen und den Ld7 mittels Lb5 abzutauschen, was für Weiß ein sehr gutes Geschäft wäre. Die weißfeldrigen Schwächen im schwarzen Lager, insbesondere das Feld e6, wären fatal. Weiß würde anschließend z.B. Se6 ziehen und mit dem Turm auf c7 eindringen, die weiße Stellung ist strategisch gewonnen. 32.Db2 Le7 33.Ld2 Dg8 34.Tfc1Was nun folgt ist Selbstmord 34...g4?? Niemand verteidigt sich gerne passiv, Königsindisch-Spieler schon gar nicht, aber g4 drückt feste auf den Selbstzerstörungsknopf. Umsichtiger wäre 34...Ld8 gewesen. Danach hat Weiß einen interessanten Plan, der mit 35.Ta3 beginnt. Die Idee ist es La5 folgen zu lassen um b6 zu decken, und anschließend mittels Lb5 die Läufer zu tauschen. Das sofortige 35.Lb5? wäre wegen 35...Sxb6 ein Fehler. Nach 34...g4?? hat Weiß jedoch schon leichtes Spiel. 35.fxg4 hxg4 36.Lxg4 Lxg4 37.hxg4 Sxg4 38.Sxg4 Die allwissende Engine versteht die taktischen Feinheiten besser als ich und schlägt das Qualitätsopfer 38.Se6! vor. Nach 38...Sxf2 39.Sxg7 Sxe4 40.Se6! Sxc3 41.Txc3 ist der schwarze König leichte Beute. Der Textzug 38.Sxg4 verdirbt jedoch nichts. 38...Txg4 39.Th3+ nun meldet sich der Turm auf der dritten Reihe am Königsflügel zu Wort. Kg7 40.Lxf4! In der Vorausberechnung brauchte ich eine ganze Weile, um zu realisieren, dass Lxf4 nicht wegen Txf4 Se6+ etc. gewinnt, sondern weil nach Txf4 ganz plump Tg3+ die Dame gewinnt. 40...Kf7 Die Zeitkontrolle hat der Nachziehende geschafft, das spielt in Anbetracht der hoffnungslosen Stellung jedoch keine Rolle mehr. 41.Le3 Lg5 42.Lxg5 Txg5 43.Df2+ Ke7 44.Se6 Tg4 45.Th7! noch ein kleiner Witz zum Abschluss
45...Ke8 46.Sc7+ Kd8 47.Df6+ für 47...Se7 reichte der Humor des Schwarzen nicht mehr, er gab an dieser Stelle auf. Diese Partie gefällt mir ausgesprochen gut, weil sie ein Musterbeispiel für die Königsindische Verteidigung ist. Weiß hatte sich zahlreiche thematische Pläne gefasst und diese allesamt reibungslos realisiert. Bei Schwarz ist das Ergebnis debakulös, er hatte keinen Angriff, wurde am Damenflügel langsam überspielt und zu guter Letzt an "seinem" Flügel komplett weggefegt. Strategie und Taktik griffen wie ein Schweizer Uhrwerk perfekt ineinander, eine Partie die sehr viel Spaß gemacht hat! :)
Bei der Auswahl der zweiten Partie war ich mir etwas unschlüssig.
Ich wollte auf jeden Fall eine Schwarzpartie nehmen und hatte zunächst die Partie gegen den amtierenden Deutschen Meister U25A im Auge, entschied mich dann aber für eine Partie vom Böblinger Open, in der sich Weiß grundsolide mit dem Londoner System aufbaute und ohne nennenswerte Gegenwehr langsam überspielt wurde.
Bräuner - Winterberg (Böblinger Open 2013)
1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.Lf4 g6 4.e3 0-0 5.Le2 d6 6.h3 Sbd7 7.0-0 c5 8.c3 b6 9.Te1 Lb7 10.Sbd2 a6 11.a4 soweit alles noch Theorie und nicht untypisch. Da mein Gegner aber gelegentlich diesen Aufbau wählt, ging ich nicht unvorbereitet in die Partie und wartete mit einem interessanten Plan des indischen GM Ganguly auf, den ich nur leicht abänderte. 11...Ta7!? Die Idee ist bekannt, zu diesem Zeitpunkt jedoch untypisch. 12.Lf1 Da8
13.Lh2 Tfb8 14.c4 Se4 15.d5 Sxd2 16.Dxd2 b5 Man braucht nicht lange, um zu erkennen, dass dies die einzige Chance ist. Die taktische Rechtfertigung besteht in 17.axb5 axb5 18.Txa7 Dxa7 19.cxb5 Da2 20.e4 Ta8! wonach Schwarz gutes Spiel hat. In der Partie folgte jedoch das gekünstelte 17.Ta2?! was den Grundstein für die weißen Sorgen legt. 17...bxc4 18.e4 a5 19.Lxc4 La6 20.Lxa6 Txa6 21.e5 Weiß muss versuchen ein Gegenspiel zu organisieren, allerdings schlägt es nicht durch und verpufft sehr schnell. 21...Tab6 22.Te2 Da6 23.Te4 Db7 24.Te2 Da6 25.Te4 Tb4 Zugwiederholungen sind ein bewährtes Mittel um näher an die Zeitkontrolle zu kommen. Weiß wäre mit Remis natürlich mehr als einverstanden. 26.De2?! Das Endspiel verspricht Weiß keine Freude, mit Damen auf dem Brett hätte Weiß bessere Chancen auf etwaige Schwindelversuche. 26...Dxe2 27.Txe2 Lf8!
Dieser scheinbar passive Zug bringt Weiß in ernste Schwierigkeiten. Der Punkt d6 ist nun zuverlässig gedeckt, was Weiß komplett des Gegenspiels beraubt. Nun droht bereits Sb6. Der Schwächen (a4,b2,d5) hat Weiß gar zu viele, als dass ein Mensch diese Stellung verteidigen könnte. Gemäß des "Prinzips der zwei Schwächen" benötigt man 2 Schwächen zum Sieg, in der Diagrammstellung sind es bereits 3. Erschwerend hinzu kommen die deplatzierten weißen Figuren. Vorallem der Ta2 und der Lh2 geben ein trauriges Bild ab. 28.exd6 exd6 29.Sg5 Td4 Planänderung! Anstelle des Bauern a4 greift Schwarz lieber d5 ab. Die zwei verbundenen Freibauern sind eine Siegesgarantie. 30.Ta1 Txd5 31.Se4 Te8 nicht notwendig, aber auch nicht schlecht. 32.Tae1 Td4 33.Sc3 Txe2 34.Txe2 Sb6
erinnert Weiß an seinen a4-Bauern. 35.g4 Sxa4 36.Sb5 Td3 37.Lf4 f6 38.Td2 Txd2 39.Lxd2 Sxb2 40.Lxa5 Der Rest ist einfach und bedarf keines Kommentares Kf7 41.Kf1 d5 42.Ke2 d4 43.Lc7 Ke6 44.Kd2 Kd5 45.Ld8 Kc4 46.Sc7 Lh6+ 0-1
Allen Lesern wünsche ich einen guten Start ins Jahr 2014!
das neue Jahr ist nicht mal 10 min. alt und ich nutze die Zeit um die Highlights des vergangenen Schachjahres zu rekapitulieren. In erster Linie sollte natürlich der neue Weltmeister Magnus Carlsen erwähnt werden, der Anand in reifer Manier bezwang. Leider konnte "Team Germany" bei keinem Event wirklich gut punkten. Erwähnenswert sind außerdem der grandiose Durchmarsch von Mickey Adams bei den Dortmunder Schachtagen, das Lifetime-Elohoch von Bacrot und Adams und das spannende Qualifikationsturnier der WM, in dem sowohl Carlsen als auch Kramnik in der letzten Runde verloren...in 2013 wurde große Schachgeschichte geschrieben. Betrachten wir die weniger schönen Vorfälle in 2013, wären in jedem Fall die Betrugsskandale um IM Kotainy und Borislav Ivanov zu nennen, bei welchem ich mich weigere seinen Namen mit "FM" zu schmücken. Außerdem hat die Schachwelt einige Verluste zu beklagen. Zunächst verstarb Jahrhundert-Schiedsrichter Lothar Schmid, dann verunglückte GM Kurnosov bei einem Verkehrsunfall, wenige Zeit später erlag die ebenfalls noch sehr junge WIM Vesna Rozic ihrer Krankheit. Im Herbst verstarb GM Milan Matulovic, der vielen als "J'adoubovic" ein Begriff sein dürfte. Für mich lief das Jahr sehr gut, zunächst mit einem Misserfolg in Basel ins Jahr gestartet, lief es beim Neckar-Open nicht besser. Doch dann ging es steil bergauf und ich verbesserte mein Rating von dort an um 108 Punkte. Das Highlight war der Sieg beim Nibelungen-Open in Worms vor einigen Titelträgern. Ich werde im Folgenden zwei meiner Lieblingspartien aus dem vergangenen Jahr präsentieren:
Winterberg - Mantau (Godesburg Open 2013)
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Le2 0-0 6.Sf3 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.Se1 Se8 10.Sd3 f5 11.Ld2 Tf7 12.Tc1 Sf6 13.f3 f4 14.c5 g5 15.cxd6 cxd6 16.Sb5 Sg6 17.Dc2 Se8 18.a4 Ld7 Ich möchte wie üblich nicht auf die Theorie eingehen, es sei nur gesagt, dass es all dies bereits schon gab. Ld7 war neu für mich, ändert aber an dem weißen Plan nicht viel. 19.Sf2 h5 20.Db3 Lf8 21.a5 Sh4 22.h3 Tg7 Es scheint als stünde Schwarz kurz dem entscheidenden Durchbruch, vor dem es jedem Weißspieler graut. Das weiße Spiel hingegen sieht etwas langsam aus, doch wie die Partie zeigen wird, ist der schwarze Angriff nur Theaterdonner, während der weiße Aufmarsch am Damenflügel langsam aber sicher aufgezogen wird. 23.Le1 Kh8 24.Dd1 dieser Zug richtet sich zum einen profylaktisch gegen g4 und zum anderen kann nun der b-Bauer mit Schwung nach vorne preschen. 24...Sg6 mit Remisgebot. Ich hatte Gründe genug weiterzuspielen. Zum einen war ich der Elofavorit, zum anderen befand sich mein Gegner bereits in Zeitnot und fühlte sich offenbar nicht so recht wohl und außerdem zog er soeben den Springer von seiner Angriffsposition zurück, wo er ihn erst drei Züge zuvor postiert hat. Der weiße Angriff am Damenflügel hat jedoch Perspektive. Dennoch überlegte ich eine Weile, denn Weiß braucht einen Plan, und den muss man erst mal finden. 25.b4 Lc8 nicht schön, aber überdeckt c7. 26.Tc3!
Ein typischer Zug. Im Königsinder steht der Turm auf der dritte Reihe oft sehr gut, weil er zum einen vertikal am Damenflügel Druck ausübt und zum anderen auf der Horizontalen eine Verteidigungsfunktion einnimmt. Weiß will nun auf der c-Linie verdoppeln, während vom schwarzen Mattangriff weit und breit nichts zu sehen ist. 26...Sf6 27.Dc2 Se7 28.Sc7 diejenigen, die diese Eröffnung mit Schwarz spielen, wissen was es bedeutet, wenn Weiß auf c7 einreitet. Häufig opfert der Nachziehende den Turm a8 aus konkreten, taktischen Gründen, da er hier aber kein Gegenspiel hat, muss der Turm kleinmütig weichen, wonach der überaus lästige Springer Weiß bereits klaren Vorteil gibt. 28...Tb8 29.b5 Ld7 30.b6 axb6 31.axb6 Sc8 Es ist offensichtlich, dass bei Schwarz etwas gründlich schief gelaufen ist.Trotzdem muss Weiß einen Plan finden die Stellung weiter zu verstärken. Ein möglicher Plan sieht vor den Tf1 nach c1 zu bringen und den Ld7 mittels Lb5 abzutauschen, was für Weiß ein sehr gutes Geschäft wäre. Die weißfeldrigen Schwächen im schwarzen Lager, insbesondere das Feld e6, wären fatal. Weiß würde anschließend z.B. Se6 ziehen und mit dem Turm auf c7 eindringen, die weiße Stellung ist strategisch gewonnen. 32.Db2 Le7 33.Ld2 Dg8 34.Tfc1Was nun folgt ist Selbstmord 34...g4?? Niemand verteidigt sich gerne passiv, Königsindisch-Spieler schon gar nicht, aber g4 drückt feste auf den Selbstzerstörungsknopf. Umsichtiger wäre 34...Ld8 gewesen. Danach hat Weiß einen interessanten Plan, der mit 35.Ta3 beginnt. Die Idee ist es La5 folgen zu lassen um b6 zu decken, und anschließend mittels Lb5 die Läufer zu tauschen. Das sofortige 35.Lb5? wäre wegen 35...Sxb6 ein Fehler. Nach 34...g4?? hat Weiß jedoch schon leichtes Spiel. 35.fxg4 hxg4 36.Lxg4 Lxg4 37.hxg4 Sxg4 38.Sxg4 Die allwissende Engine versteht die taktischen Feinheiten besser als ich und schlägt das Qualitätsopfer 38.Se6! vor. Nach 38...Sxf2 39.Sxg7 Sxe4 40.Se6! Sxc3 41.Txc3 ist der schwarze König leichte Beute. Der Textzug 38.Sxg4 verdirbt jedoch nichts. 38...Txg4 39.Th3+ nun meldet sich der Turm auf der dritten Reihe am Königsflügel zu Wort. Kg7 40.Lxf4! In der Vorausberechnung brauchte ich eine ganze Weile, um zu realisieren, dass Lxf4 nicht wegen Txf4 Se6+ etc. gewinnt, sondern weil nach Txf4 ganz plump Tg3+ die Dame gewinnt. 40...Kf7 Die Zeitkontrolle hat der Nachziehende geschafft, das spielt in Anbetracht der hoffnungslosen Stellung jedoch keine Rolle mehr. 41.Le3 Lg5 42.Lxg5 Txg5 43.Df2+ Ke7 44.Se6 Tg4 45.Th7! noch ein kleiner Witz zum Abschluss
45...Ke8 46.Sc7+ Kd8 47.Df6+ für 47...Se7 reichte der Humor des Schwarzen nicht mehr, er gab an dieser Stelle auf. Diese Partie gefällt mir ausgesprochen gut, weil sie ein Musterbeispiel für die Königsindische Verteidigung ist. Weiß hatte sich zahlreiche thematische Pläne gefasst und diese allesamt reibungslos realisiert. Bei Schwarz ist das Ergebnis debakulös, er hatte keinen Angriff, wurde am Damenflügel langsam überspielt und zu guter Letzt an "seinem" Flügel komplett weggefegt. Strategie und Taktik griffen wie ein Schweizer Uhrwerk perfekt ineinander, eine Partie die sehr viel Spaß gemacht hat! :)
Bei der Auswahl der zweiten Partie war ich mir etwas unschlüssig.
Ich wollte auf jeden Fall eine Schwarzpartie nehmen und hatte zunächst die Partie gegen den amtierenden Deutschen Meister U25A im Auge, entschied mich dann aber für eine Partie vom Böblinger Open, in der sich Weiß grundsolide mit dem Londoner System aufbaute und ohne nennenswerte Gegenwehr langsam überspielt wurde.
Bräuner - Winterberg (Böblinger Open 2013)
1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.Lf4 g6 4.e3 0-0 5.Le2 d6 6.h3 Sbd7 7.0-0 c5 8.c3 b6 9.Te1 Lb7 10.Sbd2 a6 11.a4 soweit alles noch Theorie und nicht untypisch. Da mein Gegner aber gelegentlich diesen Aufbau wählt, ging ich nicht unvorbereitet in die Partie und wartete mit einem interessanten Plan des indischen GM Ganguly auf, den ich nur leicht abänderte. 11...Ta7!? Die Idee ist bekannt, zu diesem Zeitpunkt jedoch untypisch. 12.Lf1 Da8
13.Lh2 Tfb8 14.c4 Se4 15.d5 Sxd2 16.Dxd2 b5 Man braucht nicht lange, um zu erkennen, dass dies die einzige Chance ist. Die taktische Rechtfertigung besteht in 17.axb5 axb5 18.Txa7 Dxa7 19.cxb5 Da2 20.e4 Ta8! wonach Schwarz gutes Spiel hat. In der Partie folgte jedoch das gekünstelte 17.Ta2?! was den Grundstein für die weißen Sorgen legt. 17...bxc4 18.e4 a5 19.Lxc4 La6 20.Lxa6 Txa6 21.e5 Weiß muss versuchen ein Gegenspiel zu organisieren, allerdings schlägt es nicht durch und verpufft sehr schnell. 21...Tab6 22.Te2 Da6 23.Te4 Db7 24.Te2 Da6 25.Te4 Tb4 Zugwiederholungen sind ein bewährtes Mittel um näher an die Zeitkontrolle zu kommen. Weiß wäre mit Remis natürlich mehr als einverstanden. 26.De2?! Das Endspiel verspricht Weiß keine Freude, mit Damen auf dem Brett hätte Weiß bessere Chancen auf etwaige Schwindelversuche. 26...Dxe2 27.Txe2 Lf8!
Dieser scheinbar passive Zug bringt Weiß in ernste Schwierigkeiten. Der Punkt d6 ist nun zuverlässig gedeckt, was Weiß komplett des Gegenspiels beraubt. Nun droht bereits Sb6. Der Schwächen (a4,b2,d5) hat Weiß gar zu viele, als dass ein Mensch diese Stellung verteidigen könnte. Gemäß des "Prinzips der zwei Schwächen" benötigt man 2 Schwächen zum Sieg, in der Diagrammstellung sind es bereits 3. Erschwerend hinzu kommen die deplatzierten weißen Figuren. Vorallem der Ta2 und der Lh2 geben ein trauriges Bild ab. 28.exd6 exd6 29.Sg5 Td4 Planänderung! Anstelle des Bauern a4 greift Schwarz lieber d5 ab. Die zwei verbundenen Freibauern sind eine Siegesgarantie. 30.Ta1 Txd5 31.Se4 Te8 nicht notwendig, aber auch nicht schlecht. 32.Tae1 Td4 33.Sc3 Txe2 34.Txe2 Sb6
erinnert Weiß an seinen a4-Bauern. 35.g4 Sxa4 36.Sb5 Td3 37.Lf4 f6 38.Td2 Txd2 39.Lxd2 Sxb2 40.Lxa5 Der Rest ist einfach und bedarf keines Kommentares Kf7 41.Kf1 d5 42.Ke2 d4 43.Lc7 Ke6 44.Kd2 Kd5 45.Ld8 Kc4 46.Sc7 Lh6+ 0-1
Allen Lesern wünsche ich einen guten Start ins Jahr 2014!
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