Dienstag, 29. Oktober 2013

Mission Possible

Ahoi Schachfreunde,
bald beginnt der Kampf um die Schachkrone zwischen Magnus Carlsen und Vishy Anand, bei dem es meiner Prognose nach keinen klaren Favoriten gibt. Bei einem Kämpfer wie Carlsen sind außerdem interessante Partien zu erwarten. Geschätzte 25 Spielklassen tiefer fand letzte Woche das erste Qualifikationsturnier des RAMADA- Cups in Bad Soden statt, ausgetragen im RAMADA- Hotel, in dem bereits Kasparow spielte, welches aber auch bereits erwähntem Vishy Anand nicht fremd sein dürfte, lebt er doch seit Jahren in Bad Soden. Mit exakt 300 Teilnehmern startete das Turnier, welches in 6 Ratinggruppen unterteilt ist. In der A-Gruppe siegte etwas überraschend ein Jugendspieler mit 4,5/5,  welcher mir dieses Jahr auch schon eine leidvolle Erfahrung bescherte. Ich startete von Startplatz 2 und lief schlussendlich auch mit 4/5 als Zweiter über die Ziellinie. Zufrieden bin ich dennoch nicht, war die Qualität der Partien doch außergewöhnlich schlecht, lediglich mein Kampfgeist und eine gehörige Portion Glück bewahrte mich vor Schlimmerem. Im Folgenden stelle ich die Partie aus der vierten Runde vor, die einzige Partie, mit der ich zufrieden bin. Auch wenn sie nur Remis endete, finde ich sie sehr interessant.

                                                        Winterberg- FM Meyer, F.
1.d4 c6 2.c4 d5 3.Sc3 Sf6 4.cxd5 Der Abtausch- Slawe gilt gemeinhin als blutleere Variante, ideal geeignet um auf Remis zu spielen. Ich sehe es ein wenig anders: Wenn Weiß möchte, sollte er problemlos zum Remis kommen, spielt er aber auf Sieg, ist das System nicht ungefährlich. Meines Erachtens hat Schwarz nicht weniger Probleme als in anderen Eröffnungen. 4...cxd5 5.Lf4 Sc6 6.e3 die genaueste Zugfolge. Der Springer bleibt vorerst auf g1, je nach dem wie Schwarz spielt, kann sich das Spiel in verschiedene Richtungen entwickeln. 6...Lf5 7.Sf3 Beachtung verdient auch 7.Db3!? Sa5 8.Da4+ Ld7 9.Dc2, was Kramnik erfolgreich gegen Aronian spielte. 7...a6 8.Ld3 Lxd3 9.Dxd3 e6 10.0-0 Le7 11.Tfc1 Weiß hat eine leichte Initiative. Da ich mich auch mit Schwarz gelegentlich mit solchen Stellungsbildern konfrontiert sehe, weiß ich aus Erfahrung, dass es sich nicht angenehm mit Schwarz spielt, der weiße Vorteil ist zwar minimal, aber störend. 11...0-0 12.Sa4 Tc8 13.a3 Sd7 14.b4 g5?! diesen Zug hatte ich nicht auf der Rechnung und meines Erachtens ist er auch fehl am Platze. Da Schwarz nicht ernsthaft von einer Initiative am Königsflügel träumen kann, schwächt dieser Zug nur. Ich erwartete stattdessen 14...Sb6, nach 15.Sc5 Lxc5 16.bxc5 Sc4 17.Tab1 S6a5 ist die Stellung dem Ausgleich sehr nahe. In der Partie folgte weiter: 15.Lg3 f5 wer A sagt,... 16.h3 lange berechnete ich die Folgen von 16.Se5, wonach 16...f4 ein taktischer Fehler wäre, den man mittels 17.exf4 gxf4 18.Sxd7 Dxd719.Lxf4! (19.Sb6? Dd6 20.Sxc8 Txc8 -/+) bestrafen könnte. Allerdings kann Schwarz 16...Sxe5 17.Lxe5 Sxe5 18.dxe5 spielen, wonach die Stellung ausgeglichen ist. Zu dieser Erkenntnis gelangt, wählte ich das unverbindliche 16.h3, worauf 16...f4 folgte. 17.Lh2 Tf5 18. Te1 b5 19.Sc3 nachdem Schwarz sich am Königsflügel bereitwillig geschwächt hat, möchte ich nun auch noch den Springer zum Königsflügel überführen, statt wie ursprünglich geplant, auf c5 einzureiten. 19...fxe3 20.Txe3 Sf8 wenn ich mir die Stellung anschaue, kann ich es immer noch nicht fassen, dass Schwarz sich behaupten konnte. 21.Tae1 Lf6 22.Se2 schlecht wäre natürlich 22.g4?, was an 22...Txf3 23.Txf3 Sxd4 -/+ scheitert. 22...Lg7 und nun beginnt der Spaß. 23.Sg3 Txf3! Schwarz muss handeln. Trostlos wäre 23...Tf7 24.Sh5 mit deutlichem Vorteil für Weiß.


24. gxf3!? ein interessanter Ansatz, der meiner Ansicht nach etwas stärker ist als 24.Txf3.
24...Sxd4 25.Sh5 Sc2 26.Txe6 Sxe1 27.Txe1 diese Stellung hatte ich vor Augen, als ich den 23. Zug ausführte. Ich ging davon aus, Weiß habe eine starke Initiative gegen den geschwächten gegnerischen König. Wie ich feststellen durfte, ist die Stellung jedoch keineswegs klar. 27...Sg6 28.Lg3 notwendige Prophylaxe. Allzu oft drohen Wendungen mit Tc1+ Kg2 Sh4+, weshalb ich mir die Zeit nahm, dieser Drohung entgegen zu wirken. 28...Dd7 eine weitere Idee von 28.Lg3 war es, den Gegner zur Rettung seines  wichtigen Lg7 zu motivieren, da für 28...Lh8 29. Te6! (stark ist auch 29.Df5) schlichtweg keine Zeit ist. Der Partiezug ist deutlich besser. 29.Sxg7 Kxg7 30.Dd4+ Kf7! und wieder ein mal wählt er das richtige Feld, ich erwartete eher 30...Kh6, wonach Weiß jedoch dank der Möglichkeit 31.f4 Vorteil behielte. 31.Td1 ich darf nicht locker lassen, schaffte Schwarz es sich zu konsolidieren, stünde er gut. 31...Se7?! ich nahm an, dass er diesen Zug spielen würde, allerdings droht Dxd5 in meinen Augen nicht, da Schwarz im damenlosen Endspiel nicht das geringste Problem haben dürfte. Andererseits sah ich wenige vernünftige Wartezüge. Einen gesunden Eindruck macht z.B. 31...Tc4, worauf ich mir im Voraus nicht wirklich überlegt habe, wo die Dame hin soll. 31...Se7?! ist zwar spielbar, erfordert jedoch weiterhin eine präzise Verteidigung. 32.Kg2 da ich momentan den Druck kaum verstärken kann, nehme ich mir die Zeit für diesen ruhigen Zug, der die Königsstellung etwas verbessert. 32...Df5 33.Te1 Tc6 ein geschickter Zug, der es Weiß nicht leicht macht, die schwarze Stellung zu knacken. Jedoch ist er nur geradeso spielbar. Ich vermute, dass mein Gegner den Partiefortgang nicht hat kommen sehen, und schlichtweg Glück hatte. 34.Te5 Df6 gefährlich war auch 34...Dg6, man sehe z.B. 35.Dg4 h6 36.Dd7 Te6 37.Txd5 +/-. Doch auch die Partiefortsetzung 34...Df6 lässt Schwarz in einen starken Angriff geraten. 35.h4!


Schwarz steht nun am Rande des Abgrundes und im Falle von 35...h6? 36.hxg5 hxg5 37.Dg4 müsste er schon 37...d4!? versuchen, was wahrscheinlich aber trotzdem verliert. Zum wiederholten Mal fand mein Gegner den einzigen Zug. 35...Tc4! 36.Dd3 gxh4 37.Dxh7+ Kf8 genauer war wohl 37...Ke8
38.Lh2 Tc3 39.Dh5 d4 40.Dg4 d3 die Zeitkontrolle war nun geschafft, ich konnte mir wieder etwas Zeit lassen. Für den Rest der Partie blieben mir 15min. + 30 sec. pro Zug. Für meinen nächsten Zug investierte ich geschlagene 10min. Ich konnte es nicht glauben, dass Schwarz diese Stellung halten kann. Ich fand verschiedene Ansätze. Die erste Idee besteht in einem Turmmanöver über e4-f4. Allerdings war 41.Te4? Dg6 -/+ schnell zu verwerfen. Blieb eigentlich nur noch eine andere Idee, die ich auch in der Partie wählte. 41.Te6! h3+! einziger Zug 42.Kxh3 Dh8+ 43.Kg2 Tc4! und wieder findet Schwarz den einzigen Zug. Beträchtlich schwächer wäre das sofortige 43...Dg8, das ich eigentlich für erzwungen hielt, nach 44.Ld6 Dxg4+ 45.fxg4 d2 46.Lxe7+ Kf7 47.Td6 sollte Weiß das Turmendspiel gewinnen.


44.Dg5?schade, das wäre ihr Preis gewesen... Abgesehen davon, dass ich 44.Dg5 für erzwungen hielt, glaubte ich  an Vorteil nach 44...Dg8. Völlig entgangen war mir hingegen 44.Lf4!, wonach Schwarz vor großen Problemen steht, da der König immer noch starkem Druck ausgesetzt ist. Bei schrumpfender Bedenkzeit nahm ich 44.Lf4!, was sich auf den ersten Blick unglücklich in eine Selbstfesselung begibt, nicht ernsthaft wahr, zumal Schwarz mit dem Bauern d3 auch einen Kandidat für potentielles Gegenspiel besitzt. In der Partie folgte erwartungsgemäß 44...Dg8 45.Dxg8 Sxg8 46.Td6 darauf hatte ich mich verlassen 46...Tc3 47.Txa6 Se7 48.Lf4 Sd5 49.Ld2 und hier wähnte ich mich auf der Siegerstraße, da 49...Tc2 50.Td6 +- sofort verliert und 49...Tb3 50.f4 nebst Kf3 auch zum Gewinn ausreichen sollte. Stattdessen fand mein Gegner mal wieder den stärksten Zug, worauf ich resignierte und mich mit einem Remis abfinden musste. 49...Ke7!



50.a4 Tc2 und ich akzeptierte enttäuscht sein Remisangebot. Eine kämpferische Partie, die von beiden Seiten mit offenem Visier vorgetragen wurde. Am Ende steht ein Eloplus, welches mich zum FM machen wird, alsbald das Turnier ausgewertet und der Titel beantragt wird. Abgesehen von dieser Partie spielte ich in diesem Turnier aber eher wie ein Novize.

Ich wünsche allen Lesern einen schönen Herbst, Turniere werde ich erst wieder nach Weihnachten spielen, vielleicht schon mit 2 zierenden Buchstaben mehr als gewohnt.

Montag, 2. September 2013

Von Sommer-Hochs und kalten Duschen

Hallo Schachfreunde =)
eine ganze Weile ist vergangen, seit ich meinen letzten Beitrag verfasst habe. Ich habe dieses Jahr viel gespielt und das nicht ohne Erfolg, stieg das Rating doch beträchtlich. In den letzten 48 Turnierpartien musste ich lediglich 3 Niederlagen quittieren - alle gegen GMs- jedoch 30 Siege verbuchen. Im Folgenden werde ich ein paar Partien von diversen Open präsentieren:

Im Juli fand in Bonn die 17.Auflage des alljährlichen Godesburg-Opens statt. Leider war es, verglichen mit den letzten Jahren, ziemlich schwach besetzt. Das Favoritenfeld bildeten 2 GMs und 2 IMs. Nach 9 Runden siegte etwas überraschend der über 80 Jahre alte FM Jefim Rotstein, der damit den Titelgewinn in den Händen seiner Familie verbleiben lässt, siegte letztes Jahr doch sein Sohn GM A. Rotstein. Ich spielte gegen 8 nominell schwächere Gegner und den nachmaligen Turniersieger. Am Ende sprangen 5 Siege bei 4 Remisen heraus. Die Eröffnungsphase nahm in einigen Partien einen interessanten Verlauf, jedoch werde ich diese Allgemeingüter an dieser Stelle nicht rezitieren sondern auf eine interessante Partie aus Runde 6 eingehen, meinen einzigen Schwarzsieg aus 5 Partien:

Mittmann- Winterberg:

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Dc7  durch diese Zugfolge kann Schwarz die Sweschnikow-Variante vermeiden und trotzdem das angestrebte Taimanov-Paulsen-System erreichen.  5.Sc3 e6 6.Le3 a6 7.Dd2 Sf6 8.f3?! Dieser Zug ist nicht der beste und sollte zu befriedigendem Spiel für Schwarz führen. Weiß war um die Sicherheit seines e-Bauern besorgt, dennoch wäre 8.0-0-0 die Hauptvariante, die in den letzten Jahren ein gutes Ansehen genießt und als gefährlichste Variante gegen den schwarzen Aufbau gilt.  8...Lb4 wie in der Hauptvariante. Leider konnte ich mich nicht erinnern, wie die Empfehlung nach dem zahmen 8. Zug von Weiß lautete. Bessere Option waren wohl 8...b5 und vor allem 8...Se5.  9.g4 Weiß baut sich auf wie im Englischen Angriff, der allerdings gegen das Paulsen-System nicht so gefährlich ist wie z.B. gegen Najdorf. Der Grund ist einfach: Schwarz hat sich noch nicht mit d6 festgelegt, kann also d5 in einem Zug spielen und sich ein Tempo sparen, was in derart scharfen Varianten nicht unbedeutend ist. 9...Sxd4!? 10.Dxd4 Ld6 11.0-0-0 Le5 12.Db4 Auf den ersten Blick scheint Weiß eine starke Initiative zu haben. Seine Figuren stehen aktiv und er hat Entwicklungsvorsprung, während der schwarze König im Zentrum sitzt und die Rochade ihm verwehrt wird. Natürlich ist die Lage ganz und gar nicht klar. Schwarz steht sehr flexibel und solide, ein scharfer Kampf zeichnet sich ab. 12...b5 13.Lc5?? Ein schrecklicher Fehler, zunächst befürchtete ich 13.Se2 doch kann sich Schwarz mit 12...Lb7! behaupten, da nun 13.f4 an 13...Lxe4 mit Doppelangriff auf c2 und h1 scheitern würde.  Der fehlerhafte Zug 13. Lc5?? wird im Folgenden auf typische Weise taktisch widerlegt. 13...a5 14. Dxb5 Tb8 15.Dc4 La6! vielleicht war es dieser Zug, der dem Anziehenden entging.


16.Dxa6 Dxc5 Für nur einen Bauern hat Schwarz nicht nur in der Entwicklung aufgeholt, sondern auch eine brandgefährliche Initiative erlangt. Das Bild hat sich komplett gewandelt, plötzlich stehen die weißen Figuren alle schlecht, während Schwarz über große Aktivität verfügt. Majestätisch thront der Läufer auf e5. 17.Sb5 0-0 18. Dxa5  Weiß nimmt den Bauern angesichts der sich nun öffnenden a-Linie sicherlich nicht aus Fressgier, sondern um seine Dame zu retten, es drohte bereits 18...Ta8-+.
18...d5!? Es fällt schwer diesen Zug zu kommentieren, natürlich hätte ich den a-Bauern gewinnen können, doch sah ich nicht, wie es konkret weitergehen soll und entschloss mich daher den Druck erst zu verstärken. Stärker war allerdings das triviale 18...Tfc8!, ich übersah, dass 19.c3 wegen 19...Ta8 die Dame verliert.



19.g5 De3+ Die Pointe besteht in 20.Dd2 Dxf3, was Lf4 droht. Stattdessen folgte 20.Kb1 Dxf3 21.Le2?? ein Blackout, aber am enormen schwarzen Vorteil war ohnehin nicht zu rütteln. 21...Dxe2 22.gxf6 Txb5 0-1

Eine kurze Partie, die trotzdem nicht einfach war und spannende Momente beinhaltete. Mit 7/9 lief ich am Ende als 3. über die Ziellinie. Mit dem Spiel war ich im Allgemeinen recht zufrieden, lediglich das Schwarzspiel, bzw. die vielen Remise gegen nominell teilweise deutlich schwächere, störten mich.


Gestern ging das Wochenendturnier in Eschborn zu Ende, es war zwar etwas stärker besetzt als das Godesburg Open, aber wirklich viele starke Spieler fanden nicht den Weg in die kleine Stadt nahe Frankfurt. Der Turniersaal war geräumig und die Spielbedingungen gut, lediglich die Organisation war verbesserungswürdig. Nach 5 Runden siegte mit 5/5 der an 1 gesetzte, sympathische GM Kunin, der am letzten Tag beide seiner GM-Kollegen schlug, zuerst GM Schmittdiel mit Schwarz und dann noch GM Ninov mit Weiß in einer Angriffspartie. Eine Leistung die Respekt verdient!
Ich spielte gegen 4 nominell schwächere Gegner und gegen GM Ninov. Als ich nach 3 Runden bereits zweimal Schwarz hatte, trat ich wohlgemut die Heimreise an, der Annahme sicher, in Runde 4 mit Weiß gegen einen Titelträger zu spielen. Bei meinem Glück lief es natürlich anders und ich bekam erneut Schwarz, und das gegen einen GM. Ich bereitete mich ein wenig auf GM Ninovs Interpretation diverser Eröffnungen vor und entschied mich für ein zuverlässiges System, glich problemlos aus und ließ nichts anbrennen. Remis kurz nach der Zeitkontrolle. Nach all den Unbilden, die ich in Begegnungen gegen GMs bisher über mich ergehen lassen musste, endlich mal ein Lichtblick. In Runde 5 wurde ich gegen einen Spieler gelost, der schwer einzuschätzen war. Elolos und keine DWZ mehr habend, startete er lediglich mit einem schweizer Rating. Jedoch hatte er 2200er auf dem Kieker, schlug er in Runde 4 einen solchen, während er in Runde 3 mit Schwarz Remis gegen einen gestandenen FM schaffte. Gegen mich war er friedlich gestimmt, versuchte die Stellung so gut es geht zu schließen, was ihm trotz seiner altindischen Eröffnug nicht gelang. Das frühe Remisgebot im 13. Zug habe ich selbstverständlich überhört. Am Ende wurde ich aber dann doch nur 4. und das trotz guter Punkteausbeute von 4,5/5. Das Podium erklommen GM Kunin (1.), IM Lobzhanidze (2.) und FM Uwira (3.). Trotz der guten Ergebnisse war ich in diesem Turnier nicht zufrieden mit meinem Spiel. Viele Ungenauigkeiten und schlechte Entscheidungen in wichtigen Momenten schaffen keinen Grund zu übermäßiger Freude, im Gegensatz zu dem Ratingplus =)

Präsentieren möchte ich eine interessante Partie aus Runde 3, die trotz, oder gerade wegen, der vielen Fehler, spannend war.

Peschel.- Winterberg

1.d4 g6 2.c4 Lg7 3.Sc3 c5 4.d5 Lxc3+!? 5.bxc3 f5 Bereits nach fünf Zügen zeichnet sich ein zweischneidiger Kampf ab. Natürlich ist es nicht jedermanns Ding den schönen Fianchettoläufer sofort gegen einen Springer zu tauschen.  6.Da4 und schon war ich "out of book". Viele Züge habe ich in dieser Stellung schon gesehen, nicht aber diesen, den mein Gegner ad hoc spielte. 6...Db6 7.g4 Dieser Zug ist im 6. Zug möglich und stellt eine extrem gewalttätige Alternative zur Hauptvariante 6.e4 dar. 7...fxg4 8.h3 g3 Natürlich verspüre ich kein sonderliches Interesse an Linienöffnung und gebe den Bauern lieber gleich wieder zurück. Inwiefern der Einschub der Züge Da4 und Db6 die Stellungsbewertung verändert, bzw. zu wessen Vorteil besagter Einschub ist, mag ich nicht zu beurteilen. Mir erscheint es, als wäre Db6 natürlicher als das gekünstelte Da4. 9...Da6 geleitet von der Annahme, dass die strukturellen Schwächen des Weißen im damenlosen Mittelspiel stärker ins Gewicht fallen. Klar ist in dieser Stellung aber überhaupt nichts. 10. Dxa6 ich erwartete Db3. 10...Sxa6 11.e4 e5!? zwingt Weiß sich zu offenbaren. 12.Lg5 h6 13.Le3 Sf6 14.Lg2 d6 15.Se2 g5 16.Kd2! richtig gespielt, der König gehört nach d3. 16...Ke7 17.h4?! ein schwacher Zug, nach dem die weißen Figuren jedeweder Aktivität beraubt werden, ich rechnete mit 17.g4 und der Idee Sg3-Sf5.
17...g4 18.Thb1 Tb8 19. a4 Sc7 20.Tb2 b6 21. Kd3 Ld7 22.Sc1 Le8 23.a5 entschließt sich aktiv zu spielen, wenn Weiß stillhält bin ich mir nicht sicher, ob Schwarz Fortschritte machen kann, selbst wenn er irgendwie b5 erreicht. 23...b5 24.cxb5 in dieser Stellung investierte ich den Großteil meines sehr soliden Zeitvorsprungs und setzte mit 24...c4+? taktisch inkorrekt fort.


Falls nun Ke2 folgt, hängt in der Folge c3, Kxc4 ist natürlich wegen Lxb5+ völlig indiskutabel. Doch auch die Partiefortsetzung 25.Kc2? gibt Schwarz recht, indes hätte Schwarz nach 25.Kd2 Txb5 26.Txb5 Sxb5 27.Ta4! Probleme gehabt, da 27...Sxc3 28.Txc4 Sb5 29.Lxa7 für Weiß vorteilhaft ist.
Kehren wir zurück zur Partie: 25...Lg6! das war die Idee. 26.Lxa7 Txb5 27.Txb5 Sxb5 28.Lb6 Sxe4 29. Lxe4 Lxe4+ 30. Kd2 Lxd5 31.Tb1 Lc6 32.Sa2 Kd7 33.Tf1 Lf3 34.Tb1 Sc7 35.Tb4 Ld5! es galt zu erkennen, dass 35...d5? praktisch jeglicher Gewinnchance beraubt. 36.Ta4 Tf8 37.Sb4 La8 38.Sc2 d5 39.Se1 h5 40.Ke2? Ein Fehler in schwieriger Stellung. 40...Sb5 41.Kd2 Sd6 42.Tb4 Se4+ 43.Kc2 Sxg3 45.Le3 Sf5 46.Lg5 d4 47.Tb6 g3 48.Tf6 g2 und Weiß blies die Schamade, da er zu viel Material verliert. 0-1
Ich dachte, eine gute Partie gespielt zu haben, leider hat der Silikonkopf 24...c4+ widerlegt, was den Wert der Partie signifikant senkt.

Lassen wir uns abschließend auf die Überschrift eingehen. Bisher ging es vorwiegend um Sommer-Hochs, beschließen möchte ich den Beitrag mit einer kalten Dusche:

Winterberg- GM Starostits
1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e3 Le6!? 4.Sf3 c6 5.Sg5??? Da5+ und 0-1 nach ein paar weiteren überflüssigen Zügen.

Allen Lesern wünsche ich einen schönen Herbstanfang.

Dienstag, 12. März 2013

Liebesgrüße aus Moskau

Hallo allerseits,
am Sonntag hatten wir unser vorletztes Mannschaftsspiel in dieser Saison. Unsere Spieler waren in guter Form und spielten wirklich stark auf, was zu einem - auch in dieser Höhe verdienten- 6,5-1,5 führte. Im Folgenden möchte ich auf meine Partie eingehen. Obwohl es so aussah, als ob Weiß recht mühelos gewann, war es eine hochkomplizierte Partie, in der Schwarz viele Möglichkeiten hatte, schwierige Abspiele heraufzubeschwören.
Winterberg-Michels, A.
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 e6 5.Lg5 Das ist der aggressivste Zug, der zu scharfem Spiel führt. Die ruhigere Alternative 5.e3 ist die andere Hauptvariante, die zwar ruhiger, aber auch perfekt spielbar ist.  5...h6 6.Lh4 g5 7.Lg3 dxc4 8.e4 b5 9.Le2 Dies ist die Grundstellung des Moskauer Gambits, eine der schwierigsten Eröffnungen unserer Zeit. Wenn Weiß sich das taktische Geplänkel nicht antun will, ist 6.Lxf6 eine seriöse Alternative, die jedoch zur Zeit eine kleine Krise erlebt, fehlt es nach aktuellem Stand doch an Ideen Vorteil zu erlangen. 9...Lb7 Der Hauptzug, seltener, aber nicht unbedingt schwächer ist 9...Sbd7 10.h4! Dieses aggressive Vorgehen ist Sokolovs Idee und ist im Laufe der Jahre zur Hauptvariante avanciert. 10...g4 11.Se5 h5 In dieser Stellung haben die Nachziehenden auch schon 11...Tg8!? probiert.  12.0-0 Lh6!? Ein sehr seltener Zug, zu welchem ich in meiner Datenbank lediglich 3 Partien finden konnte, was ich mir aber nicht wirklich erklären kann, schlecht kann dieser Zug nicht sein, dennoch greift alle Welt zu 12...Sbd7 mit einem Ozean an Theorie. 13. f3! N




  Dieser konsequente Zug stellt eine Neuerung dar und ist sicher nicht zu widerlegen. Abgesehen vom objektiven Wert, der Weiß einen Vorteil einräumen dürfte, ist es auch psychologisch gesehen eine sehr gute Entscheidung, wieso sonst sollte Schwarz 12...Lh6 spielen?! Ich bin mir fast sicher, dass mein Gegner die Möglichkeit 13.f3! gar nicht ernsthaft in Betracht gezogen, geschweige denn berechnet hat. Die nun entstehenden Komplikationen sind sehr interessant. 13...Le3+ Dies ist selbstverständlich der kritische Test, weshalb für 13.f3! auch eine halbe Stunde überlegte. Viele andere Züge als 13...Le3+ habe ich nicht berechnet, da ich davon ausging, dass dieser Zug aufgrund der Drohung fxg4 erzwungen ist. Sehr interessant war der Vorschlag des Silikonkopfes, der 13...Sd7 spielen will, worauf ich 14.Sxf7! geplant hatte. Nach 14...Le3+ 15.Kh1 Kxf7 16.fxg4 hxg4 17.e5 Kg7 18.exf6+ Sxf6 19.Lxg4 entsteht eine total wilde Stellung, die am Brett, zumal in der Vorausberechnung, kaum zu bewerten ist. Aber auch der Partiezug 13...Le3+ hat es in sich. 14.Kh1 b4?? und schon stolpert Schwarz. Es gab an dieser Stelle drei seriöse Alternativen: a) 14...Sd7 b) 14...Lxd4 und c) 14...Dxd4.
Bezüglich der Sd7-Variante, werde ich nun hauptsächlich Engine-Varianten widergeben, da ich diesen Zug nicht wirklich ernst nahm. 14...Sd7 15. Sxd7 Sxd7 16.d5! An dieser Stelle brach ich die Berechnung ab, doch die Lage ist noch nicht klar. 16...exd5 17.exd5 und nun zum Beispiel 17...Sc5 18.d6! Dd7 19.fxg4 0-0-0 20.g5! b4 21.Lxh5! Eine kranke Alternative nach 16.d5 fand übrigens meine Engine, die 16...Lf4!! vorschlägt und die Stellung für ausgeglichen hält.

 

  Aber seien wir ehrlich, wer soll sowas am Brett finden? :)

14...Lxd4 lässt sich hingegen ziemlich leicht widerlegen: 15. fxg4 Lxc3 (Auch 15...b4 wird taktisch zurückgewiesen) 16. Dxd8+ Kxd8 17.bxc3 Sxe4 18.Sxf7+ Ke7 19.Ld6+! +-

Schwierig einzuschätzen war dagegen 14...Dxd4, was mir einige Minuten meiner Bedenkzeit raubte. 15.fxg4 Sd7 Einziger Zug!  16.Sxf7! Kxf7 17.g5 Kg7 18.gxf6+ Sxf6 Weiß verfügt nun über drei interessante Züge, wovon ich allerdings nur einen sah. Geplant war 19.Dc2 ohne konkrete Varianten zu berechnen, fühlte ich, dass Weiß etwas haben muss, nach 19...e5! wäre die Auswahl jedoch begrenzt und das in dieser Partie typische Durcheinander entsteht wieder: 20.Tad1 Dc5 21. Tf5 Tae8 22. Td8!!



22...Txd8 23.Lxe5 Thf8 24.Lxf6+ Txf6 25.Txc5 Lxc5 26.Dc1 Tg6 27.Df4 Ld6 28.e5 Le7 29.Se4 mit Initiative. Dass ich all dies am Brett gefunden hätte, wage ich stärkstens zu bezweifeln. Jedoch gibt es zu 19. Dc2 noch zwei Alternativen, beide auf der Idee basierend, die Dame nach g3 zu überführen. In Frage kommen daher 19.Lh2 und 19.Lc7, der Übersichtlichkeit wegen möchte ich jedoch nur auf 19.Lc7 eingehen: 19...Taf8 Der beste Zug, auch andere Züge führen zu weißem Vorteil 20.De1 Sg4 21.Txf8 Txf8 (Besser ist Kxf8) 22.Lxg4 hxg4  23.De2 +-

Bei diesen enormen Komplikationen verwundert es nicht, dass mein Gegner bei Ausführung des Zuges 14...b4?? bereits in Zeitnot abdriftete, wobei mir noch knapp 1,5 Stunden zur Verfügung standen.
Jetzt löst sich alles in Wohlgefallen auf, die schwarze Stellung ist verloren. 15.Sxc4! bxc3 16.bxc3! am einfachsten gespielt, wobei auch die beiden Alternativen durchaus respektabel sind.
16...De7 17.Sxe3?! Naja, "?!" ist vielleicht etwas zu hart, schließlich nimmt Weiß seine Figur zurück, behält den Mehrbauern und alle weiteren Trümpfe. Dennoch muss man zugeben, dass Critters Vorschlag 17.Tb1! bedeutend stärker ist. Schwarz könnte danach getrost in ein paar Zügen aufgeben. Der Partiezug 17.Sxe3 ist aber natürlich auch kein Fehler. 17...gxf3 18.Lxf3 Tg8 19.Lf4 Sg4 20.Sxg4?!  wiederum eine leichte Ungenauigkeit, stärker wirkt 20.Lxg4 hxg4 21.Lg5 Txg5 22.hxg5 Dxg5 23.Dxg4+-, aber auch der Partiezug hält den Gewinn fest. 20...hxg4 21.Lxg4 Dxh4+ 22.Lh3 Sd7 23.De2 0-0-0 24.Tab1 Sb6 25.Lh2 Tg7 26.a4 Th8 Auf 26...Sxa4 plante ich zunächst eine hübsche Kombi, fand jedoch auch  deren Widerlegung. Zunächst war 27.Da6 Lxa6 28.Txf7 geplant, doch dreht 28...De1+! den Spieß rum. Statt 27.Da6 gewinnt 27.Da2 natürlich leicht.
27.a5 Sc4 Ein letzter Trick 28.Txb7 Kxb7 29.Dxc4 Dxe4 30.Db4+ Ka8 31.Tb1  1-0

Eine sehr inhaltsreiche Partie, die von beiden Seiten kämpferisch angelegt wurde. Vielleicht ist das letzte Wort mit 12...Lh6 noch nicht gesprochen.


















Montag, 7. Januar 2013

Hallo liebe Schachfreunde,
zunächst wünsche ich euch ein frohes, erfolgreiches Jahr 2013. Seit meinem letzten Post ist leider einige Zeit vergangen, weshalb ich diesmal etwas mehr schreiben werde. Zunächst einmal kurz zu wichtigen Schachereignissen der vergangenen Monate: Ein gewisser V. Anand hat im letzten Jahr erfolgreich seinen Weltmeistertitel verteidigt. Frauen-Weltmeisterin wurde Anna Ushenina. Bemerkenswert ist außerdem, dass irgendein Norweger Kasparows Elo-Rekord übertroffen hat, aufgrund der schleichenden Elo-Inflation jedoch noch über 40 Punkte zulegen müsste, um den Tiger aus Baku wirklich zu übertreffen.

Nun zu meinem Turnierjahr: Beim RLP-Open lief es wenig spektakulär...naja, immerhin schaffte ich es, eine Stellung mit einem Vorteil von +10,88 ins Remis zu verderben. Ansonsten schlug ich aber die schwächeren Spieler und verlor gegen die stärkeren, gegen GM A.Vovk leider etwas unnötig nach gutem Spiel.

Im Sommer folgte dann das Karl-Mala-Gedächtnisturnier, wo wiederum nichts Spektuläres passierte. Ich verlor gegen GM Kunin und gab zwei Remisen ab. Endergebnis 5/7 und solides Ratingplus, nicht der große Wurf aber ganz passabel. Ähnlich friedlich verlief das Forchheim-Open: In diesem 5-rundigen Turnier spielte ich tatäschlich 4x Remis und gewann nur eine Grünfeldpartie, bei der ich allerdings bewusst eine sehr scharfe und riskante Variante wählte. 2 Remise gab ich gegen schwächere Gegner ab, eine dieser Partien hielt ich sogar mit Minusfigur remis. Die anderen beiden Remise gab ich gegen FMs ab. In Runde 2 mit Schwarz gegen den Vorjahressieger FM Golda, eine von beiden Seiten gut gespielte Partie, und ein Remis gegen den Youngster FM Mons. Dort stand ich nach der Eröffnung schon ziemlich mau, konnte ihn allerdings ordentlich bepfuschen und letztlich in ein haltbares Endspiel einlenken, Glück gehabt! Am Ende steht unter dem Strich ein minimales Ratingplus.

Im Herbst stand dann das Nibelungen Open in Worms an. Dort passierte einiges Unerwartetes: In Runde 1 schlug ich recht mühelos einen niedriger gerateten Gegner, in Runde 2 wurde es aber eine Zitterpartie gegen einen Gegner mit einer Elo von 2065. Mir wurde mal wieder klar, dass ich mit Schwarz sehr selten gewinne, sogar, wenn ich scharfe Eröffnungen wie den Drachen spiele. Schnell entstand eine strategische Stellung mit leicht besseren Aussichten für mich, aber =/+ ist halt etwas anderes als -+. Und so plätscherte die Partie so vor sich hin, ein Gewinn wurde zunehmends unwahrscheinlicher. Bis wir die Diagrammstellung erreichten:


  Hier schoss mir plötzlich eine Taktik durch den Kopf, die mir so gut gefiel, dass ich ganz in ihren Bann gezogen wurde, die Objektivität ging verloren, ich rechnete schlampig und spielte 1...Lc4+?, wonach Schwarz die Stellung womoglich halten kann, mehr aber auch nicht. 2.Lxc4 e4+ 3.Ke3! leider hab ich das zu spät gesehen. Die Zeitkontrolle war nun vorüber und ich konnte tief abtauchen, nach einem Remisweg nach 3...Kxc4 4.Kxe4 zu suchen. Ich rechnete sehr präzise und fand nach 20min. überlegen den einzigen richtigen Weg 4...Kxc3!, was zu einem Damenendspiel führt, in dem Weiß nur noch den h-Bauern und 10 Min. mehr auf der Uhr hat. Mein Remisgebot lehnte er selbstgefällig ab. Es ging lange Zeit hin und her, die Technik, eine solche Stellung zu verteidigen kannte ich zum Glück. Ich hatte später noch 2 min., er 12...und was war das Ende vom Lied? Richtig, ER überschritt die Zeit. Dass ich online viel Bullet spiele zahlt sich also doch aus :). An dieser Stelle möchte ich www.chesscube.com als Anregung an alle anführen, die kostenlos online spielen möchten.

In Runde 3 kam ich gegen einen Nachwuchsspieler leider nicht über ein Remis hinaus, in Runde 4 schlug ich dann aber einen Theoriehai mit Schwarz in ca. 20 Zügen mit einer ihm unbekannten Gambitvariante... sodass ich vor der letzten Runde ganz oben in der Tabelle stand, wieso ich dann runtergelost weiß ich auch heute noch nicht, es passt nicht wirklich zu dem Losverfahren, das bis dahin angewendet wurde. Egal, ich wurde mit Weiß gegen den starken, titellosen S.Mladenov gelost. Ausgerechnet in dieser wichtigen Partie nahm er Rache für die Niederlage, die ich ihm Jahre zuvor beim Godesburg Open erteilte. Obwohl er kränkelte gab er Einblicke in sein enormes Schachverständnis und schlug mich abseits theorethischer Hauptvarianten nach allen Regeln der Kunst. Was er mir bei der anschließenden Analyse alles präsentierte, zeigte mir erneut, dass er nicht die Stärke von 2400 hat. Ich kann mich nicht erinnern, mal so chancenlos verloren zu haben. An guten Tagen kann Svetlin locker mit 2600ern mithalten, leider spielt er sehr unkonstant und verliert manchmal sogar gegen 2000er. Somit wurde ich also recht weit nach unten durchgereicht. Ein enttäuschendes Ende eines bis dahin guten Turnieres.

Und schon sind wir im Jahr 2013: Schachfestival Basel!
Erstmal zu den Rahmenbedingungen: Hotels sind in der Schweiz schweineteuer, Doppelzimmer in einer Jugendherberge kosten 145 Euro pro Nacht,...ähm ja, ohne Kommentar! Somit übernachteten im deutschen Grenzort Lörrach. Das Hotel war  eine Bruchbude, nicht mal der Fernseher klappte, wie er sollte. Dass es kein Etagenklo gab, war gemessen an den sonstigen Umständenm, erstaunlich!

Vom Hotel zum Spielort waren es 20min. Fahrt. Ich war zu vor noch nie in der Schweiz, doch musste ich schnell feststellen, dass der Verkehr in der Schweiz anders ist, als der deutsche. OK, um die Vignette kamen wir herum, nicht aber um die Trams, die in Scharen durch die Cities brausen. Als Erkenntnis habe ich mitgenommen: Die Tram hat Vorfahrt! Vor allem! Für uns Deutsche war es jedenfalls recht befremdlich, dass auf und neben der Straße überall Gleise waren, das Organisationssystem des Verkehrs erschließt sich mir auch nicht völlig. Ein weiteres großes Problem war die Parkplatzsuche, auch diesbezüglich waren die Preise happig und wenig touristenfreundlich. Es gibt de facto keine kostenfreien Parkplätze! Auch mit der Sprache tat ich mich schwer, es kam mir vor, als sei ich mit einem regionalen Dialekt konfrontiert, der mich nicht geläufig ist. Auch der französische Sprachanteil war nicht zu überhören, und mein Französisch ist nicht gerade das beste...

OK, nun zum Turnier: Ich kannte so gut wie niemanden dort persönlich, so was ich doch froh, dass Svetlin und seine Freundin mitspielten. Vorweg, Svetlin zeigte wiederum Klasse und schlug GM Bartel, remisierte gegen GM Turov und verlor unglücklich gegen GM Melkumyan.  Am Ende siegte wie auch im Vorjahr GM Grachev, Zweiter wurde GM Vajda, 3. GM van Kampen. Überraschend ist das überragende Abschneiden der australischen WIM Guo, die ausschließlich Gegner mit einem Rating von 2300 oder mehr hatte, und bis zur letzten Runde die Bilanz von +1 =5 -0 aufwies, in der letzten Runde aber verlor. Dennoch, ein klasse Resultat für eine Spielerin mit Elo 2000. Der Verdacht liegt nahe, dass sie etwas in den Analysen ihres Freundes Hrant Melkumyan gestöbert hat. Anwärter auf die Gurke des Turniers ist Maxim Turov, den in aussichtsreicher Stellung gegen Robin van Kampen die Kombinationslust packte, was ihm zu einem Turmopfer bewegte,...er übersah jedoch einen Verteidigungszug und sah das Material nie wieder. Kurz darauf musste er aufgeben. Anwärter auf den Schönheitspreis sind die Partien Gavrilov-Istratescu, in der der Franzose mit ...Se3!! brillierte, sowie Maisuradze-Filipovic, in der die junge Französin den Veteranen mit Lxh7! bezwang.

Gavrilov-Istratescu:



Maisuradze-Filipovic:





Turov-van Kampen: (Stellung vor 33.Txd5??)









Ich durfte gleich in Runde 1 gegen den sympathischen GM Pelletier antreten, Elo 2604! Die Theorie ging mir überraschend leicht von der Hand, hatte ich mir die Variante doch schon länger nicht mehr angesehen. Er knöpfte mir dann aber recht schnell einen Bauern ab, und es entstand ein schwieriges Turmendspiel, welches wahrscheinlich nicht zu halten ist. Er demonstrierte großmeisterliche Technik und zwang mich im 70. Zug zur Aufgabe. In Runde 2 lief es nicht besser, ich verlor wiederum und war auch recht chancenlos gegen einen 20xxer. Wie das sein kann, keine Ahnung, ich will niemandem etwas unterstellen. In Runde 3 dann ein gefälliger Kurz-KO in 15 Zügen und weniger als 45 min.

Winterberg-Prill, G.
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 b6 4.g3 La6 5.Dc2 c5 6.d5 d6? 7.dxe6 fxe6 8.Lh3 +/- Lc8 9.Sc3 Ld7 10.Sg5 Sc6 11.Lxe6 Sd4?? 12.Lf7+ Ke7 13. De4+!

13... Le6 14.Sd5+ Sxd5 15.cxd5 1-0


In Runde 4 wurde ich zum ersten Mal in meiner Schachlaufbahn im Sweschnikow geschlagen. Ich spielte gegen Werner Müller, derer gibt es leider 8, und ich hatte keine Ahnung, gegen welchen ich mich vorbereiten sollte, so entschied ich mich spontan am Brett für Sweschnikow, hatte aber schon vieles vergessen. Die Wahl war außerdem unglücklich, da mein Gegner sich ausgerechnet darauf vorbereitete. Er gestand mir nach der Partie geraten zu haben, was ich wohl spielen werde. Gute Wahl wie sich herausstellte, aber immerhin scheint mein vielfältiges Repertoire die Vorbereitung meiner Gegner zu erschweren. Leider weiß ich immer noch nicht, welcher Werner Müller mein Gegner war. Auf seinem Spielerkärtchen stand Natinoalität Schweiz und Elo 2100, was es aber laut FIDE nicht gibt. Es gibt entweder einen Deutschen mit 2100 oder einen Schweizer mit 2033. Jedenfalls hat er sich gut vorbereitet, stark gespielt und verdient gewonnen!

In Runde 5 traf ich auf eine hypermoderne Interpretation des Budapester Gambits. Ich ging auf Figurenjagd, reussierte und gewann schnell. In Runde 6 ergriff ich mit Schwarz schnell das Ruder, spielte sehr gut, bis ich mal wieder eine Schnapsidee hatte. Dennoch konnte ich gewinnen. IN der letzten Runde überspielte ich meinen Gegner doch ließ in gewonnener Stellung in Zeitnot im 39/40. meinen Gegner vom Haken und ließ ihn ins Remis entgleiten. Sehr ärgerlich sowas! Am Ende steht ein Ratingminus, obwohl ich mit der Spielweise an  für sich recht zufrieden bin. Naja, das nächste Turnier wird kommen, so hoffentlich auch der Erfolg.
Bis bald