Sonntag, 29. Januar 2012

Haken und Ösen

Heute war wieder ein Ligaspiel angesagt, das wir auch souverän mit 6:2 gewannen. Ich hatte es an  Brett 2 mit dem erfahrenen, grundsolide spielenden, Helmut Freise zu tun. Ihn mit Schwarz zu bezwingen, keine leichte Aufgabe! Doch habe ich ein gutes Gespür, welche Eröffnungen ich gegen welche Gegner anwenden sollte. Auch dieses Mal sollte ich mit meiner Eröffnungswahl, dem kämpferischen und komplizierten _Leningrader_System_  richtig liegen. Kurzum: Ich zockte die ersten 18 Züge in 4 min. runter, während mein Widerpart über eine Stunde brauchte. Vorbereitung ist das halbe Leben :-). Da mein Gegner die Theorie aber ab Zug 9 nicht mehr kannte, muss man anerkennend sagen, dass er sehr gut improvisiert hat und selbst den 10. Zug, den nicht jeder ziehen würde, gefunden hat. Nach einer dubiosen Entscheidung im 13. Zug bekam ich allerdings schon die Initiative, die ich allerdings im 30. Zug durch einen Selbstfaller in eine Verluststellung verwandelte. Den technischen Part spielte mein Gegner wiederum äußerst präzise und meine zahlreichen Schwindelversuche schlug er ab. Schade! Aber nun die Partie:

1.d4 g6 2.Sf3 Lg7 3.c4 f5 und plötzlich sind wir im Holländer, durch diese Zugfolge habe ich die "Killer"-Varianten umschifft, die bei 1.d4 f5 dem Schwarzen Kummer bereiten könnten. 4.g3 Sf6 5.Lg2 0-0
6.0-0 d6 7.Sc3 De8 Der zuverlässigste Zug 7...Sc6 ist in meinen Augen eine weniger bequeme Alternative, die Weiß in Vorteil bringt. Eine Alternative ist aber 7...c6 8.b3 Eine Nebenvariante, bei der Weiß auf keinen großen Vorteil zu hoffen braucht. Am ambitioniertesten und aggressivsten gilt 8.Sd5!? 8...e5!? Eine von vielen Möglichkeiten, die als OK für Schwaerz gelten. e5 ist sehr direkt und entspricht meinem Stil vollkommen. 9.dxe5 dxe5 10.e4! Sehr gut improvisiert. Ohne die Variante zu kennen auf solche Züge zu kommen zeugt von Spielverständnis. Ich hingegen durfte ihm weiterhin meine häusliche Analyse um die Ohren hauen. 10...Sc6 11.Sd5 Dd7 12.La3 Te8 Es ist schwer zu sagen, wo der Turm besser steht, jedenfalls wurden sowohl Te8 als auch Td8 schon gespielt. 13.Sxf6+?! Folgt unbewusst GM Gerry Hertneck. Vorzuziehen ist jedoch 14.exf5 was unter Anderem schon von GM Pinter und GM Magerramov gespielt wurde. Nach dem Textzug ist Schwarz bereits am Ruder, nicht zuletzt aufgrund der Schwäche des Punktes d4. 13...Lxf6 14. Dxd7N Eine Neuerung...in den beiden Vorgängerpartien wurde Dd5+ gegeben.Während Onischuk Ross überzeugend mit Schwarz schlug, machte GM Hertneck schnell Remis mit Yrjola.
14...Lxd7 15.Tad1 Tad8 16.Lh3 Le6 17. Tfe1 Txd1 18.Txd1 fxe4 19.Lxe6+ Txe6 20.Sd2 e3 21.fxe3 e4! Der schwarze Vorteil ist apparent und Weiß ist aus der Eröffnung heraus strategisch total überspielt worden. Der Rest ist doch eigentlich Formsache und ein Spiel auf ein Tor, oder? Prinzipiell ja, wenn ich mit Schwarz spiele, nein!

22.Kf2 h5!? Mein Plan ist es, gemütlich am Königsflügel aufzumarschieren, Weiß hat ohnehin kein Gegenspiel.
23.Ke2 g5 24.Tf1 Kg7 25.Tf5 Kg6 26.Tb5 b6 27.Td5 Se5?! Doch dies ist eine Ungenauigkeit. Das trockene 27...Sb8! lässt Schwarz beträchtlichen Vorteil und es ist schwer Weiß einen guten Rat zu geben und noch schwieriger die Stellung auf Dauer zu verteidigen. 28.Sxe4! Sxc4 29. bxc4 Txe4 Nun ist der Vorteil zusammengeschrumpft, was nun folgt ist ein folgenschwerer Irrtum, der daherrührt, dass ich das weiße Maneuver übersehen habe. Leider ist die Stellung plötzlich sogar hoffnungslos verloren. 30. Kd3 Tg4??
31. Lb4!


Schöne Bescherung, jetzt erst wurde mir klar, was ich angerichtet habe. Verständlich, dass ich mich hier bereits sehr unwohl fühlte. 31...h4 32.Le1 hxg3 33.hxg3 Le7 34.e4 Ld6 35. Txd6! Ich dachte eigentlich, dass das nicht geht. Berechnet hatte ich z.B. 35.Ke3 Lxg3 36.Kf3 Tf4+ 37.Kxg3 Txe4 mit 3 Bauern für die Figur, was sogar besser für Schwarz ist. 35...cxd6 36.Ke3 b5! 37.Kf3 Kh5 Darauf verließ ich mich, doch es kam 38.Lb4!! Autsch! Auch das 2.Lb4 ist mir entgangen. Nach diesem schrecklich starken Zug ist alles vorbei.

38...bxc4 39.Lxd6 c3 40.a4 c2 41.La3 Txe4 42.Kxe4 Kg4 43. Lc1 Alles läuft wie am Schnürchen...
43...Kxg3 44.Lxg5 Kg4 45.Lc1 Kh5 46.a5 Kg6 47.Kd5 Kf7 48.Kc6 Ke7 49.Kb7 Kd7 50.Lf4 Kd8 51.Kxa7 Kc8 52.a6 c1=D 53.Lxc1 Kc7 54.Lf4+ 1-0

In meinen Augen eine interessante Partie mit vielen interessanten Momenten, auch wenn mein Gegner schlussendlich das bessere Ende für sich hatte.

1 Kommentar:

  1. Jaaa, Dein e5-e4 war positionell spitze
    --- genauso wie auf der anderen Seite
    dieses __geile__ Turmeinsperring auf g4
    mit der zugzwangmäßigen Vergewaltigung
    durch Kf3 Kh5, wonach Dir selbst der Umstand
    nix mehr nutzte, dass sein Läufer bzgl. des Ba4
    der "falsche" war ...

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